Langjähriger EU-Haushalt: EU-Kommission will 14 Fonds zusammenlegen

Am 16. Juli will die EU-Kommission den ersten Entwurf für den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) vorlegen. Durchgesickert ist bereits ein Vorschlag für den künftigen Wettbewerbsfonds, der alte Fördertöpfe zusammenfassen soll. Umweltorganisationen fordern derweil die Finanzierung eines umweltfreundlichen, klimaneutralen und resilienten Umbaus der Europäischen Union. Das EU-Parlament hat ebenfalls eigene Forderungen.
Vereinfachung, Entbürokratisierung, Investitionen - die Zielrichtung der EU-Kommission ist gesetzt. Das betrifft auch die Finanzplanungen für den Zeitraum 2028-2034, die der künftige MFR umfassen soll. Ein Wettbewerbsfonds (European Competitiveness Fund – ECF) soll laut durchgesickertem Leak (Euractiv) und bereits veröffentlichten Plänen der EU-Kommission (Roadmap zum MFR) größere Umstrukturierungen des gesamten langjährigen Haushalts enthalten. Nun sollen wohl insgesamt 14 Fonds zu einem neuen, übergreifenden gebündelt werden. Darunter ist im Kapitel IV Nachhaltige Transformation und industrielle Dekarbonisierung auch das einzige EU-Naturschutzförderprogramm LIFE. Andere Themenbereiche sollen die Förderung von Gesundheit, Biotechnologie sowie Bioökonomie, Digitales und darüber hinaus Resilienz einschließlich Verteidigung und Weltraum umfassen.
Der NABU-EU-Experte Raphael Weyland kritisiert in einer ersten Reaktion auf LinkedIn, dass der umfassende ECF der Anforderung, ein Transformationsfonds für die industrielle Dekarbonisierung zu sein, wohl eher nicht gerecht werden dürfte. Unter anderem wegen „weit gefasster“ und „unscharf definierter“ Kategorien wie Resilienz. Darüber hinaus stelle sich die Frage, ob die Integration von LIFE in einen rein auf Wettbewerbsfähigkeit ausgelegten und an Unternehmenslogik orientierten und damit konkurrierenden Fördermitteltopf nicht „zur Marginalisierung von naturbasierten Aktivitäten führt“.
Es drohe ein Rollback, wenn die Wiederherstellung der Natur nicht innerhalb des ECF zweckgebunden werde, zumal der kürzlich veröffentlichte Bericht zur Umsetzung von Umweltrecht (EIR-Artikel) große Finanzierungslücken für Naturschutz und Ökosystemerhalt aufzeige. Aus Umweltsicht gelte es, darauf zu achten, dass der ECF zu einem transformativen Instrument und nicht zu einem „verwässerten Kompromiss“ wird. Dies müsse auch bei den geplanten nationalen Plänen innerhalb des MFR beachtet werden, denn auch dort würden „klare Indikatoren für grüne Maßnahmen“ gebraucht.
Organisationen fordern umweltfreundliche Krisenbewältigung!
Sechs Umweltorganisationen haben die Bundesregierung im Juni eindringlich aufgefordert, sich aktiv und mit klaren umweltpolitischen Vorschlägen in die Verhandlungen zum MFR einzubringen. In einem gemeinsamen Positionspapier mahnten die Verbände, dass die kommende EU-Finanzplanung für den Zeitraum 2028-2034 mit darüber entscheide, ob Europa die Klima- und Biodiversitätskrise wirksam bewältigen könne. „Ein klimaneutraler und resilienter Umbau Europas ist ohne eine strategische Ausrichtung und einen ausreichend großen EU-Haushalt nicht machbar“, so Bioland, BUND, DNR, Euronatur, Germanwatch und WWF im gemeinsamen Papier.
Das Papier enthält konkrete Eckpunkte für einen zukunftsfähigen EU-Haushalt – von einem eigenständigen Naturschutzbudget über eine gezielte Agrarförderung bis hin zur finanziellen Absicherung einer sozial-gerechten Transformation. Zentrale Prioritäten wie die Umsetzung des Europäischen Green Deal müssten abgesichert werden.
Besonders wichtig ist den Organisationen: Mindestens 50 Prozent der MFR-Ausgaben müssen künftig verbindlich an Umwelt- und Klimaziele gebunden werden. Ein zukunftsfähiger EU-Haushalt müsse auch neue Finanzierungsquellen erschließen. Die Umweltverbände schlagen ein neues Finanzierungsinstrument vor, das durch gemeinsame Anleihen und ausreichende neue Eigenmittel gespeist würde.
Zu den zentralen Forderungen der Umweltorganisationen gehören:
- Mindestens 50 Prozent der EU-Ausgaben verbindlich an Umwelt-, Naturschutz- und Klimaziele binden und ein eigenes Budget für Naturschutz und Wiederherstellung schaffen.
- Neues Finanzierungsinstrument mit gemeinsamer Schuldenaufnahme und EU-Eigenmitteln, etwa durch Übergewinnsteuer, Abgaben auf den Luftverkehr oder eine progressive Vermögenssteuer für Multimillionäre und Milliardäre.
- Klima- und umweltschädliche Subventionen beenden und das „Do No Significant Harm“-Prinzip stärken.
- Agrarförderung gezielter und gemeinwohlorientiert gestalten.
- Den neuen Wettbewerbsfonds klar auf Technologien für die schnelle Dekarbonisierung ausrichten.
- Sozial-gerechte Transformation absichern, u. a. durch Ausbau des Klimasozialfonds.
- LIFE-Programm ausbauen und stärken.
Die Bundesregierung übrigens lehnt laut Medienberichten (Table.Media) eine Aufstockung des EU-Budgets ab, unterstütze aber eine weitreichende Reform des MFR. Die Grünen im EU-Parlament wollen den MFR nur unterstützen, wenn er Ziele für Nachhaltigkeit und Soziales fördert. Die Europäische Volkspartei möchte laut Positionspapier die Eigenständigkeit der Fonds für Strukturförderung und Kohäsion auch im nächsten MFR erhalten. Die Sozialdemokraten wollen eine „weitere Zentralisierung oder Renationalisierung der europäischen Politiken“ ablehnen.
Das EU-Parlament hat am 9. Juli ein „Gleichgewicht zwischen Krisenreaktion und Vorhersehbarkeit im nächsten EU-Haushalt“ gefordert. Die Abgeordneten bekräftigten ihre Ablehnung der nationalen Pläne für die Mitgliedstaaten, die die Kommission vorgeschlagen hatte. Außerdem votierte das Plenum dafür, die Landwirtschafts- und Kohäsionspolitik der EU sowie einen unabhängigen Europäischen Sozialfonds zu erhalten.
Die Veröffentlichung des MFR-Entwurfs für 2028-2034 nächste Woche dürfte vielerorts mit Spannung erwartet werden. Und die Erfahrung zeigt, dass die Verhandlungen vor dem finalen Abschluss ebenfalls spannungsgeladen ausfallen dürften. [jg]
DNR et al: Pressemitteilung zum Mehrjährigen Finanzrahmen.
EU-Parlament: Pressemitteilung