Europas Wälder: Raubbau und Waldbrandgefahr

Die Waldschutzorganisation FERN liefert beunruhigende Daten aus den Wäldern Finnlands und Estlands. Die EU-Kommission rüstet sich derweil für die kommende Waldbrandsaison.
Finnische und estnische Wälder stoßen mehr CO2 aus als sie aufnehmen
„Entscheidungsträger auf nationaler und EU-Ebene müssen mutig genug sein, um den in der Vergangenheit lebenden Forst- und Agrarsektoren die Stirn zu bieten“, forderte die Waldschutzorganisation FERN angesichts neuer Analysen zu den positiven Klimaeffekten von Wäldern. Wälder und Kohlenstoffsenken seien immer knapper werdende Ressourcen. Derzeit reichten die Pläne der EU-Mitgliedstaaten nicht aus, um die benötigten Senken zu schaffen, so die Organisation. Die EU-Kommission hatte im Juli 2021 ihren Vorschlag für die Waldstrategie 2030 veröffentlicht (EU-News zum Thema).
FERN warnt, dass ihnen vorliegende Daten aus finnischen Wäldern so große Schäden zeigen, dass Land und Wälder dort zum ersten Mal zu Nettoemittenten von Kohlendioxid geworden sind. Vorläufige Daten aus dem finnischen Treibhausgasinventar gäben einen Hinweis auf die jährliche Leistung zur Erreichung der Klimaziele. Aufgrund des geringeren Waldwachstums und des zweithöchsten Holzeinschlags in der jüngeren Geschichte zeige die vorläufige Schätzung für 2021, dass die Emissionen aus Entwaldung und organischen Böden zum ersten Mal höher gewesen seien als die Waldsenke - der finnische Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) sei damit zu einem Nettoemittenten von Kohlendioxid geworden.
Damit seien Finnlands ehrgeizige Klimaziele bedroht, dabei solle der derzeit diskutierte Landnutzungs-Klimaplan der Regierung bis 2035 Klimaneutralität erreichen. Statt der erwarteten Senkenleistung von 18 Megatonnen (Mt) Kohlendioxid würden nun 2 Mt emittiert, so dass eine Lücke bleibt, die geschlossen werden muss. Verschiedene finnische Akteure – darunter Greenpeace Finnland – hätten ein „Klimarettungspaket“ gefordert: Ausweitung des flächendeckenden Waldmanagements auf organischen Böden, Anpassung der landwirtschaftlichen Methoden, verstärkter Naturschutz, Reduzierung der Abholzung und Belassen von mehr Totholz in den Wäldern, drastische Verringerung des Holzeinschlags. Finnlands neue Investitionen in Zellstofffabriken und das Ende der Holzimporte aus Russland im März dürften den Druck auf den Holzeinschlag erhöhen.
Auch die intensive Abholzung in Estland habe die Wälder schon 2020 von Kohlenstoffsenken zu Kohlenstoffquellen gemacht.
EU-Löschflotte in den Startlöchern
Seit Mitte Juni ist die EU-Flotte von Löschflugzeugen einsatzbereit, um die EU-Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung von Waldbränden zu unterstützen. Die Flotte ist Teil von rescEU, einer europäischen Reserve von Ressourcen, die für den Einsatz im Notfall bestimmt sind. 12 Löschflugzeuge und ein Löschhubschrauber, die in Kroatien, Frankreich, Griechenland, Italien, Spanien und Schweden positioniert sind, können in diesem Sommer eingesetzt werden, wenn Waldbrände eine gemeinsame europäische Reaktion erfordern, um Menschenleben und die Umwelt zu retten.
Wissenschaftliche Prognosen für die diesjährige Waldbrandsaison gehen laut EU-Kommission von „überdurchschnittlichen Risiken für Mitteleuropa und das gesamte Mittelmeer“ aus. Insbesondere die Sommermonate seien in der Regel wärmer und trockener als in den Vorjahren. Am Ende der „Waldbrandsaison“ wird sich zeigen, ob die rescEU-Flotte und die zusätzlichen über 200 Feuerwehrleute und technische Ausrüstungsgüter ausreichend waren.
Das Jahr 2021 war die zweitschlimmste Waldbrandsaison, die jemals in der EU verzeichnet wurde. Waldbrände hatten auch Nordwestamerika, Sibirien, Südasien und viele andere Regionen weltweit schwer getroffen. [jg]
FERN: Worrying news from finland's and estonia’s forests
Forest fires: European Commission puts its firefighting fleet in place for the 2022 season
Baumart aus dem All erkennen
Ende Mai haben Naturwald Akademie und der Remote Sensing Solutions GmbH die erste satellitengestützte und frei zugängliche Baumartenkarte veröffentlicht. Die neue Karte ist Teil des online Waldmonitors. Statt der bisher üblichen statistischen Berechnung der Flächenanteile können Interessierte nun sehen, wie die Baumarten Fichte, Buche, Kiefer, Eiche, Douglasie und Lärche in Deutschland verteilt sind (Referenzjahr 2017). Die regelmäßige, datengestützte Beobachtung des Waldes ist sowohl im Koalitionsvertrag der Bundesregierung sowie in der EU-Waldstrategie 2030 vorgesehen.