Menü
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen
Startseite
Aktuelles & Termine
Aktuelles & EU-News
Finanzielle Bruchlandung: 34 Milliarden Euro Steuerlücke im Flugsektor
EU-News | 27.07.2023
#Klima und Energie #Mobilität

Finanzielle Bruchlandung: 34 Milliarden Euro Steuerlücke im Flugsektor

Ein Flugzeug des Billigfluganbieters Ryanair fliegt über einem Meer oder Ozean.

Flugzeuge sind für Verbraucher*innen europaweit fast immer das günstigere Verkehrsmittel im Vergleich zur Bahn: Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Greenpeace-Studie. Zugleich entgehen Europas Regierungen 34 Milliarden Euro, da Fluggesellschaften zu gering besteuert werden.

Fliegen ist in Europa noch immer zu günstig, Bahnfahren als Alternative bedeutend teurer: So ließe sich die aktuelle Greenpeace-Studie zu Ticketpreisen von Zügen und Flügen im europaweiten Vergleich in einem Satz zusammenfassen. Verglichen wurden die Preise auf 112 innereuropäischen Routen in der EU, Norwegen, der Schweiz und Großbritannien an neun verschiedenen Tagen zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Buchung. 1.100 Tickets flossen in den Vergleich ein, wobei mit einer Kategorisierung in kurzfristig, mittelfristig und langfristig auch auf realistische zeitliche Abstände für Reisende Wert gelegt wurde.

Die Ergebnisse sind ernüchternd: Bahnreisen waren in 71 Prozentt der Fälle teurer als das Flugzeug, nur auf 23 Strecken konnte die Bahn mit günstigeren Tickets punkten und auf der Strecke London-Barcelona sind die Preise für Zugreisende mit 384 Euro zu knapp 13 Euro etwa 30 Mal höher als für Flugzeugpassagiere. Bei 94 der untersuchten Routen handelt es sich um grenzüberschreitende Distanzen, 18 der Strecken sind inländisch.

Trotz Deutschlands vergleichsweiser guter Lage in Mitteleuropa und einer relativ hohen Taktung internationaler Zugverbindungen kosten Flüge meist nur halb so viel wie Zugtickets. Im Vergleich zu Großbritannien, Spanien, Belgien, Frankreich und Italien fallen die Preise für Züge hierzulande trotzdem moderater aus. Zu den besonders hochpreisigen Zugverbindungen in Europa gehören demnach London-Bratislava, Budapest-Brüssel, Madrid-Brüssel sowie Rom-Wien. Die Routen, bei denen Zugfahren nicht nur klimabedingt, sondern auch finanziell kostengünstiger ist, sind Berlin-Prag, Zürich-Wien sowie Prag-Budapest.

Die wahren Kosten trägt das Klima

Die Umweltorganisation Greenpeace Zentral- und Osteuropa verweist in einer Pressemitteilung auf die „wahren Kosten“ von Flugreisen: Nur dadurch, dass diese von Arbeitnehmer*innen und Steuerzahler*innen getragen würden seien 10-Euro-Flugtickets möglich. Klimacampaignerin Lorelei Limousin von Greenpeace fordert die Politik auf, gegen Dumpingpreise im Flugverkehr in Aktion zu treten: „Im Interesse des Planeten und der Menschen müssen die Politiker handeln und das Bahnfahren erschwinglicher machen, sonst werden wir immer mehr Hitzewellen erleben“. Billigfluggesellschaften bedienen etwa 79 Prozent der analysierten Strecken und seien aufgrund ihrer „unfairen und aggressiven Preisstrategien“ günstiger als Zugverbindungen.

Fliegen gilt als bis zu 80 Mal klimaschädlicher als Zugfahren und ist zugleich der Sektor, in dem die Treibhausgasemissionen zwischen 2009 und 2019 am rasantesten gestiegen sind. Zwar ging die Zahl von Flugreisen in den Corona-Pandemiejahren deutlich zurück, dennoch stiegen die Emissionen in den letzten 15 Jahren um etwa 30 Prozent.

Europa lässt sich Steuereinnahmen in Milliardenhöhe entgehen

Etwa 1.400 Kilometer beträgt die Distanz von Hamburg nach Rom. Die Route könnte mit höherer Besteuerung im Luftverkehrssektor als Hochgeschwindigkeitsstrecke für Züge ausgebaut werden. Auf die Zahl von 34,2 Milliarden Euro, die für das Streckenupdate notwendig wäre, verweist eine Studie der NGO Transport & Environment (T & E). Der Analyse zufolge ließen sich europäische Regierungen insgesamt Steuereinnahmen in Milliardenhöhe durch die sogenannte Steuerlücke entgehen: Der Flugsektor zahlt keine Kerosinsteuer, einen CO2-Preis ausschließlich für innereuropäische Flüge und kaum Mehrwertsteuer oder andere Steuern auf Tickets.

Jo Dardenne, Luftfahrtdirektor bei T & E, kritisiert die mangelnde Bereitschaft der europäischen Regierungen, ihre „wertvollen nationalen Fluggesellschaften anzutasten“. Diese „stehen in diesem Jahr kurz davor, Rekordgewinne zu erzielen, während sie schmutzige Treibstoffe in unseren Himmel pusten“, so Dardenne. „Europa blutet Geld, weil es den Luftfahrtsektor nicht besteuert“.

Die Autor*innen der Studie empfehlen die Einführung einer Kerosinsteuer, einen Mehrwertsteuersatz von 20 Prozent auf Flugtickets und die Ausweitung des Kohlenstoffmarktes für den Luftverkehr auf alle abgehenden Flüge sowie gegebenenfalls die Einführung einer Ticketsteuer in Höhe der bisherigen Steuerlücke in allen Ländern. [mi]

 

Greenpeace Deutschland: Bruchlandung für den Klimaschutz.

Pressemitteilung Transport & Environment: Every hour European governments lose out on €4 million in aviation taxes.

The Guardian: Flying in Europe up to 30 times cheaper than train.

Tagesschau.de: Fliegen ist billiger als Bahnfahren.

Taz: Studie von Greenpeace.

Das könnte Sie interessieren

Rubrik_Verkehr_Tourismus_Lkws_von_oben_c.Unsplash_nigel-tadyanehondo-239555-unsplash
EU-News | 16.05.2024

#Mobilität

Final: Härtere CO₂-Regeln für schwere Nutzfahrzeuge

Die EU hat endlich die strengeren Vorgaben für den CO2-Ausstoß von Bussen und LKW zum Gesetz gemacht. Vermehrte Batterieproduktion in der EU könnte weitere Emissionen einsparen und Österreich streitet mit Italien um den Verkehr am Brenner....