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Völkerrecht verpflichtet zu Klimaschutz: Bahnbrechendes Gerichtsgutachten
EU-News | 24.07.2025
#EU-Umweltpolitik #Klima und Energie

Völkerrecht verpflichtet zu Klimaschutz: Bahnbrechendes Gerichtsgutachten

Schrift Human Rights umgeben von einer Silhouette bunt gefärbter Händen
© pixabay/geralt

Das welthöchste Gericht, der International Court of Justice in Den Haag, hat am 23. Juli in einem Gutachten bestätigt, dass alle Staaten auf der Grundlage des Völkerrechts dazu verpflichtet sind, Klimaschutz zu betreiben - und dass dies auch einklagbar ist. Umweltverbände begrüßen die „neue Ära der Verantwortung“ auch im Hinblick auf die nächste UN-Klimakonferenz.

Mit der Stellungnahme des Internationalen Gerichtshofs (IGH) „hat das welthöchste Gericht […] eine neue Zeitrechnung im Klimaschutz ausgerufen“, freut sich Greenpeace über das bisher größte Verfahren vor der UN-Institution, an dem über 100 Organisationen und Staaten teilgenommen haben. 

Germanwatchs Politik-Vorstand Christoph Bals erläutert: „Zum ersten Mal legt das höchste Gericht der Vereinten Nationen dar, dass Staaten völkerrechtlich verpflichtet sind, Klimaschäden global zu verhindern, durch Anpassung einzudämmen und für trotzdem entstehende Schäden aufzukommen – und das nicht nur abstrakt, sondern ganz konkret.“

Der IGH bezieht sich dabei auf eine Vielzahl von Dokumenten und völkerrechtlichen Grundlagen: 

  • die Charta der Vereinten Nationen,
  • den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte,
  • den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte,
  • das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen,
  • das Übereinkommen von Paris,
  • das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen,
  • die Pflicht zur gebührenden Sorgfalt,
  • die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte anerkannten Rechte,
  • den Grundsatz der Vermeidung erheblicher Umweltschäden und
  • die Pflicht zum Schutz und zur Erhaltung der Meeresumwelt.

Das heißt, dass beispielsweise der Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen nicht dazu führen kann, sich aus dieser Verpflichtung zu lösen. Es bedeutet zudem, dass Erklärungen des deutschen Bundeskanzlers zu prozentualen Emissionsausstößen im Vergleich zu anderen Staaten, vor Gericht nicht mehr zählen. Francesca Mascha Klein, Rechtsreferentin bei Germanwatch, erklärt: „Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 2021 unmissverständlich klargestellt, dass Deutschland ‚sich seiner Verantwortung nicht durch den Hinweis auf die Treibhausgasemissionen in anderen Staaten entziehen‘ kann. Der Hinweis von Bundeskanzler Merz, dass Deutschland aktuell nur für rund zwei Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich sei, zielt deshalb ins Leere.“

Die Greenpeace-Expertin für Internationalen Klimaschutz, Sarah Zitterbarth, kommentiert, dass diese Stellungnahme einen „Wendepunkt“ darstelle und von „wirklich großer Bedeutung“ sei. Damit habe das höchste Gericht der Welt sich nicht nur zum ersten Mal mit der Klimakrise befasst, sondern festgestellt, „dass Klimaschutz für die Wahrung der Menschenrechte unabdingbar ist und dass das Recht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt eine Grundvoraussetzung für alle anderen Menschenrechte ist“. Der IGH habe außerdem bekräftigt, dass alle Staaten der Welt dem 1,5 Grad-Limit verpflichtet sind und „alles in ihrer Macht stehende“ tun müssen, um dieses Ziel in Reichweite zu halten. „Das ist wirklich bahnbrechend, historisch und richtungsweisend“ und läute eine „neue Ära der Verantwortung und Rechenschaftspflicht für Regierungen und Unternehmen ein“. 

Damit schaffe die Stellungnahme nun endlich rechtliche Klarheit über die Klimaschutz-Verpflichtungen der Staaten nach internationalem Recht. Angesichts der sich verschärfenden Auswirkungen der Klimakrise und mit Blick auf die bevorstehende Klimakonferenz (COP30) in Brasilien komme die Entscheidung des IGH zu einem wichtigen Zeitpunkt, so Greenpeace. [jg]

 

International Court of Justice: Obligations of States in respect of Climate Change 

Germanwatch: Völkerrecht verpflichtet: Internationaler Gerichtshof verlangt Übernahme von Verantwortung für Klimaschutz und Schäden 

Greenpeace: Historische IGH-Stellungnahme: Alle sind zum Klimaschutz verpflichtet 

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