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Für einen Neustart in der Agrarpolitik
News | 01.12.2021
#Landwirtschaft und Gentechnik

Für einen Neustart in der Agrarpolitik

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c. Bund Naturschutz/Puder

1.12.2021 - Das Wir haben es satt!-Bündnis will am 22. Januar 2022 wieder für eine bessere Landwirtschafts- und Ernährungspolitik auf die Straße gehen. Klima, Höfe und Tiere verzeihen keine weiteren agrarpolitischen Blockaden. Ob eine große Demonstration möglich ist oder ob wie im letzten Jahr kreativ umgeplant wird, entscheidet das Bündnis im Januar je nach Pandemielage.

Die Landwirtschaft steckt mitten in der Krise. In der Klimakrise, deren Auswirkungen weltweit zu spüren sind. In der Krise der Artenvielfalt, in der täglich Lebensräume zerstört werden und Insekten aussterben. Und in der Krise des Höfesterbens: Immer mehr Bäuerinnen und Bauern geben auf, weil sie ruinöse Preise für ihre Lebensmittel bekommen. Obwohl diese dramatischen und existenzbedrohenden Probleme seit Langem bekannt sind, hat die Agrarpolitik hier komplett versagt.
Die alte Bundesregierung und insbesondere Ex-Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner haben immer wieder die Interessen der Agrar- und Lebensmittelindustrie verteidigt. Während der Kanzlerinnenschaft Angela Merkels war das Agrarministerium durchgehend in der Hand der Union – zeitgleich musste ein Drittel aller landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland schließen.

15 Jahre fatale Unions-Agrarpolitik

Die traurige Bilanz der vermurksten Unions-Agrarpolitik lässt sich auch in der Tierhaltung ablesen: Die Preise sind schlecht, vielfach zahlen tierhaltende Höfe sogar noch drauf. Zu hohe Tierzahlen verschärfen die Klimakrise und zu viel Gülle verschmutzt unser Trinkwasser. Die in der Tierhaltung massenhaft eingesetzten Reserveantibiotika werden auch bei Menschen weniger wirksam. Das gefährdet auf lange Sicht massiv unsere Gesundheit.

Wichtig wäre es, den Höfen Unterstützung und verlässliche Perspektiven beim Umbau der Tierhaltung hin zu einer artgerechten Form zu bieten. Stattdessen stehen die bäuerlichen Betriebe aber mit der Mammutaufgabe weitgehend allein da. Die Folge: Immer noch werden zu viele Tiere schlecht gehalten, und industrielle Megaställe verdrängen zunehmend kleine und mittlere Höfe. Auch der Blick in den Globalen Süden ernüchtert. Europäische Dumpingexporte zerstören weltweit bäuerliche Existenzen. Global betrachtet hungern immer mehr Menschen – und auch in Deutschland fehlt vielen das Geld, um gesund und nachhaltig zu essen.

Ohne Druck auf der Straße keine politischen Verbesserungen

Zu tun gibt es zweifelsohne genug. Aber damit sich etwas ändert, braucht es den politischen Druck auf der Straße. Daher rufen die über 50 im Wir haben es satt!-Bündnis zusammengeschlossenen Organisationen wieder zur Demo im Januar auf, sofern es die pandemische Lage zulässt. Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gilt: 2G+, also geimpft/genesen plus Schnelltest. In jedem Fall wird das Orga-Büro verantwortungsvollen Protest mit Maske, Abstand und gegebenenfalls weiteren Sicherheitsmaßnahmen ermöglichen. Die Grüne Woche in den Berliner Messehallen wurde aufgrund der steigenden Coronazahlen bereits abgesagt.

„Künftig muss gelten: Wer gute Lebensmittel produziert, muss die Unterstützung der Politik erhalten. Und wer in Zukunft ökologischer und tiergerechter produzieren will, soll Hilfe bei der Umstellung bekommen.“
Christian Rollmann

2022 hat die neue Bundesregierung die politische Verantwortung. Das ist Chance und Verpflichtung zugleich für einen Neustart der Agrar- und Ernährungspolitik. Das breite gesellschaftliche Bündnis fordert ein Ende der agrarpolitischen Blockaden, die die aktuelle Misere verursacht haben. Die Demonstration steht folglich unter dem Motto: Neustart Agrarpolitik jetzt! Die Vorschläge von Bäuerinnen und Bauern, VerbraucherInnen und Umwelt- und TierschützerInnen liegen schon längst auf dem Tisch. Erst im Sommer 2021 hat die Zukunftskommission Landwirtschaft ein langes Papier zum Umbau der Agrarwirtschaft erarbeitet.

Agrar- und Ernährungspolitik muss 2022 neugestartet werden

Neustart Agrarpolitik bedeutet konkret mehr Verlässlichkeit und Unterstützung für Bauernhöfe. Künftig muss gelten: Wer gute Lebensmittel produziert, muss die Unterstützung der Politik erhalten. Und wer in Zukunft ökologischer und tiergerechter produzieren will, soll Hilfe bei der Umstellung bekommen. Fördergelder, die nur Landbesitz belohnen oder Naturzerstörung und Klimakrise vorantreiben, gehören abgeschafft.

Auch in der Ernährungspolitik ist ein Neustart dringend angesagt. Das heißt unter anderem: Mehr Transparenz für VerbraucherInnen. Statt unverbindlichem Label-Wirrwarr brauchen wir echte Entscheidungshilfen an der Ladentheke. Wer umweltfreundlich und artgerecht produzierte Lebensmittel einkaufen will, muss diese auf den ersten Blick erkennen können. Der Preis dafür muss erschwinglich, aber fair für die ErzeugerInnen sein. Preisdumping auf Kosten von Klima und Artenvielfalt sind nicht zukunftsfähig. Und die Agro-Gentechnik, die Konzerne wie Bayer salonfähig machen wollen, muss gestoppt werden. Sie ist gefährlich und unbeliebt. Der allergrößte Teil der Bevölkerung will gentechnikfreie Lebensmittel.

[Christian Rollmann, Wir haben es satt!-Bündnis]

Der Text ist eine gekürzte Fassung eines Artikels, der im Dezember in der Ausgabe 3/21 des Rundbriefs vom Forum Umwelt und Entwicklung erscheint.

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