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GAP: EU-Parlament sägt weiter an Umweltstandards
EU-News | 16.10.2025
#Landwirtschaft und Gentechnik #Tierschutz

GAP: EU-Parlament sägt weiter an Umweltstandards

Illustration fleischlose Ernährung
© AdobeStock/Jürgen Fälchle
Illustration fleischlose Ernährung

Umweltstandards in der aktuellen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) werden weiter reduziert. Das hat das EU-Parlament am 8. Oktober in seiner Position zur „Vereinfachung“ der Landwirtschaftspolitik (GAP-Omnibus) beschlossen. Die Position geht noch über den Kommissionsvorschlag hinaus und strebt deutliche Aufweichungen an. Umweltverbände protestieren. Derweil tobt auf einem Nebenschauplatz die Debatte um ein Verbot der Benennung pflanzlicher Alternativprodukte mit Begriffen wie „Wurst” oder „Schnitzel”.

Mit 492 Stimmen bei 111 Gegenstimmen und 39 Enthaltungen hat das EU-Parlament in der ersten Oktoberplenarsitzung das Verhandlungsmandat zum von der EU-Kommission vorgelegten Omnibus-Paket zur Vereinfachung der GAP angenommen. Das EU-Parlament hat damit unter anderem beschlossen, dass Grünland und Natura-2000-Gebiete an Schutz verlieren und entsprechende Umweltstandards (Konditionalität) abgeschwächt werden. „Mehr Flexibilität für Landwirte, um landwirtschaftliche Flächen in gutem agrarischen und ökologischen Zustand zu halten”, nennt das das EU-Parlament. 

Neben den Anpassungen bei der Konditionalität wollen die EU-Abgeordneten auch die „Green-by-Definition“ ausweiten: Diese Ausnahmen von Mindestanforderungen sollen künftig nicht nur für Biobetriebe gelten, sondern auch für Betriebe, bei denen nur Teilbereiche biologisch zertifiziert sind, die in Schutzgebieten wirtschaften sowie für Betriebe mit einer Fläche von unter 50 Hektar. 

Die Abgeordneten forderten außerdem verpflichtende Krisenzahlungen für von Naturkatastrophen betroffene Landwirtschaftsbetriebe und höhere Höchstbeträge zur Unterstützung von kleinbäuerlichen Betrieben. 

Wenn die neuen Regelungen im kommenden Jahr bereits gelten sollen, drängt die Zeit bei den nun anstehenden Trilog-Verhandlungen. Die Gespräche mit den Mitgliedstaaten haben bereits begonnen, eine mögliche endgültige Annahme der neuen Regeln könnte also während der Plenarsitzung im November 2025 möglich sein.

„Wesentliche Pfeiler der Umweltarchitektur der GAP werden abgeschafft“

Für NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger hat das Europäische Parlament den Naturschutzstandards in der Landwirtschaft mit dieser Entscheidung „den Boden entzogen“. Die Idee, die Landwirtschaft ökologisch und sozial nachhaltiger und zukunftsfähiger zu machen, verkomme laut Krüger „spätestens jetzt zur Farce“. Die beschlossenen Änderungen sähen vor, dass die Landwirtschaft in Natura-2000-Gebieten automatisch als konform mit Umweltanforderungen gelten sollen – unabhängig von der tatsächlichen Situation vor Ort, kritisiert der NABU. Gleichzeitig entfalle der Schutz von Dauergrünland (GLÖZ 9) sowie die Verpflichtung zu Erosionsschutzmaßnahmen (GLÖZ 5). Damit seien wesentliche Pfeiler der Umweltarchitektur der GAP abgeschafft. Die sogenannten GLÖZ-Standards bildeten die ökologischen Mindestanforderungen für den Erhalt von EU-Agrarsubventionen, erklärt die Organisation. Diese dienten dem Schutz von Böden, Wasser und Artenvielfalt. Ihre Streichung schwäche nicht nur den Natur- und Klimaschutz, sondern auch die Glaubwürdigkeit der GAP als Instrument einer nachhaltigen Landwirtschaftspolitik. Unter dem Schlagwort der „Vereinfachung“ wurden die Vorschläge ohne Umweltfolgenabschätzung oder Konsultation eingebracht – für den NABU ein gefährlicher Präzedenzfall.

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) kritisierte den erneuten Rückbau ökologischer Mindeststandards unter dem Deckmantel der Entbürokratisierung ebenfalls scharf und nannte sie einen „gewaltigen Rückschritt beim Schutz bäuerlicher Produktionsgrundlage und „eine Katastrophe“. Eine weitere Entscheidung, nämlich die verbindliche Vertragspflicht als ersten wichtigen Schritt zur Verbesserung der Stellung von Bäuerinnen und Bauern am Markt im Rahmen der Reform der Gemeinsamen Marktordnung (GMO), begrüßte die AbL dagegen. Durch eine verbindliche Vertragspflicht in allen EU-Mitgliedstaaten sollen Bäuerinnen und Bauern am Markt gegenüber ihren sogenannten Handelspartnern gestärkt werden. 

Und dann geht es auch noch um die Wurst...

Ebenfalls am 8. Oktober hat das EU-Parlament einem Antrag von Céline Imart (EVP, Frankreich) zugestimmt, laut dem Begriffe wie Wurst, Steak und Schnitzel für vegane und vegetarische Alternativen verboten werden sollen. Die Mehrheit der EU-Abgeordneten (355 Ja, 247 Nein-Stimmen, 30 Enthaltungen) möchten, dass in Zukunft nur noch tierische Produkte diese Namen tragen dürfen.

Der agrarpolitische Sprecher der Grünen im EU-Parlament, Martin Häusling, kritisierte, „dass Konservative in dieses wichtige Gesetz zur Stärkung der Landwirte ein kulturkämpferisches Kuckucksei gelegt haben – nämlich Bezeichnungsverbote für Fleischersatzprodukte“. Statt über Fleischwurstnamen zu streiten, solle endlich dafür gesorgt werden, dass Landwirte von ihrer Arbeit leben könnten, so Häusling.

Da der Rat zu diesem Thema ebenfalls noch einen Standpunkt definieren muss, hat Foodwatch eine Petition gestartet, mit der die deutsche Regierung aufgefordert wird, „diesen Unsinn im EU-Rat zu stoppen“, sich für „echten Verbraucherschutz“ einzusetzen und „die Mündigkeit“ der Verbraucher*innen zu respektieren. „Es gibt keine Verbraucherverwirrung – das ist ein vorgeschobenes Argument der Fleisch- und Agrarlobby“, kritisiert Foodwatch. [bp/jg]

EU-Parlament: 
Parlament bereit zu Gesprächen zur Vereinfachung der EU-Agrargesetze

NABU: Letzte Umweltstandards gefallen: NABU warnt vor fatalen Folgen für Natur und Betriebe 

AbL: Erfolg für gerechtere Agrarmärkte, gewaltiger Rückschritt beim Schutz bäuerlicher Produktionsgrundlage

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