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Greenwashing von Gas und Atomkraft
EU-News | 07.07.2022
#Klima und Energie

Greenwashing von Gas und Atomkraft

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© Foto: .ausgestrahlt e.V.

Das EU-Parlament stimmt für die Aufnahme von Gas und Atomkraft in die Taxonomie. Mehrere Staaten wollen gegen die Entscheidung klagen. Umweltverbände sehen in der Aufnahme von Gas und Atomkraft die europäischen Klimaziele gefährdet.

Am Mittwoch hat das Europäische Parlament einen Antrag zur EU-Taxonomie mit 278 Ja-Stimmen, 328 Nein-Stimmen, und 33 Enthaltungen abgelehnt. Damit hat das Parlament den  delegierten Rechtsakt zur Taxonomie-Verordnung der EU-Kommission angenommen. Bestimmte Atom- und Erdgasaktivitäten werden unter Bedingungen in die  EU-Taxonomie aufgenommen. Die Kommission und das Parlament vertreten die Auffassung, dass private Investitionen in Erdgas- und Atomkraftaktivitäten beim ökologischen Wandel eine Rolle spielen. Die Taxonomie ist ein Klassifizierungssystem der EU, das die Finanzströme in Richtung Nachhaltigkeit leiten soll. Sie soll Investor*innen dazu bringen, umweltfreundlich zu investieren und gilt somit als wichtiges Instrument im Kampf gegen die Klimakrise. Damit das Parlament die Aufnahme von Gas und Atomkraft in die Taxonomie hätte verhindern können, wären die Stimmen der absoluten Mehrheit von 353 Abgeordneten nötig gewesen.

Heute-Show: „Tschernobyl und Fukushima hoffen jetzt auf eine Einstufung als Kurort."

Die Aufnahme von Erdgas und Atomkraft in die Taxonomie, und die damit einhergehende Klassifizierung der beiden Energiequellen als nachhaltig, wird schon seit langem stark diskutiert. Sowohl Stimmen innerhalb des Parlaments, als auch zivilgesellschaftliche Organisationen halten die auf Aufnahme der beiden Energiequellen für eine fatale Fehlentscheidung. Und die ZDF-heute Show Twitterredaktion spottete: „Atomstrom gilt in der EU künftig als nachhaltig. Tschernobyl und Fukushima hoffen jetzt auf eine Einstufung als Kurort."

Bereits vor der Abstimmung haben 24 Umwelt- und Klimaorganisationen mit einem offenen Brief an die deutschen Europaabgebordneten versucht, die Aufnahme von fossilem Gas- und Atomkraft in die Taxonomie zu verhindern. Die Einstufung beider Energieträger als nachhaltig sei weder klima- oder umweltwissenschaftlich haltbar noch seien Risikoauswirkungen auszuschließen, heißt es in dem Brief. Die Aufnahme von Gas und Atomkraft stelle die Legitimität und Wirksamkeit der Taxonomie in Frage.  Auch vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs zementiere die Aufnahme der beiden Energieträger in die Taxonomie die Abhängigkeit von Gas aus Russland und fülle damit mit zig weiteren Milliarden Euro die Kriegskasse Putins.

Klimaaktivistin Luisa Neubauer bewertet die Abstimmungsergebnisse im Parlament als harten Tag im Kampf für eine nachhaltige Zukunft. Greenwashing kenne man von fossilen Konzernen. Dass das nun das Parlament einer der größten Demokratien der Welt gemacht hat, sei nicht nur ökologisch katastrophal, sondern  auch demokratisch. Man habe eine Mehrheit gegen Fakten organisiert, so Neubauer auf Twitter.

Bis zum 11. Juli kann der Rat den delegierten Rechtsakt zur Taxonomie-Verordnung noch ablehnen. Dafür müssten allerdings mindestens 20 EU-Staaten, die wenigstens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU abbilden, zusammenkommen. Dies gilt als unwahrscheinlich. Die Regierungen Österreichs und Luxemburgs wie auch die Umweltrechtsorganisation Client Earth haben bereits angekündigt, gegen den delegierten Rechtsakt vor Gericht zu ziehen. Sollten diese Anstrengungen erfolglos bleiben, tritt die Taxonomie-Verordnung am 1. Januar 2023 in Kraft. [lw]

Europäisches Parlament: Pressemitteilung
Umweltverbände: Offener Brief

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