Klima und Energie kompakt vom 09.09.2021
Regionale Pläne für gerechten Übergang verfehlen das 1,5-Grad-Ziel
Das Europabüro des WWF untersuchte 14 Regionalpläne von sieben EU-Mitgliedstaaten, die diese bei der EU-Kommission einreichen mussten, um Gelder aus dem 17,5 Milliarden Euro umfassenden EU-Fonds für den gerechten Übergang (Just Transition Funds, JTF) zu erhalten. Das Ergebnis ist aus Sicht des WWF ernüchternd: neun Pläne würden nicht vorsehen, die Nutzung von fossilem Gas bis 2035 zu beenden. In acht Plänen würde die Nutzung von Kohle oder Ölschiefer bis 2030 fortgeschrieben. Dies widerspreche den im Pariser Abkommen eingegangenen Verpflichtungen, den durchschnittlichen globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.
Zwar bezeichnete der WWF acht Pläne als vielversprechend, zum Beispiel im Bereich der Kreislaufwirtschaft. Jedoch sei keiner „ein herausragendes Beispiel für eine gute Praxis des gerechten Übergangs“.
Die Ergebnisse nahmen der WWF und neun weitere Organisationen, darunter HEAL, Europe Beyond Coal und CEE Bankwatch Network, zum Anlass, die EU-Kommission in einem Brief aufzufordern, die Pläne mit den EU-Klimazielen sowie den Grundsätzen der Nachhaltigkeit und der sozialen Verantwortung in Einklang zu bringen.
WWF EU: Territorial Just Transition Plans – build your scorecard
Klimagesetze sind für CO2-Emissionsreduktion ungenügend
Die Umweltrechtsorganisation Client Earth gelangte in einer am Dienstag veröffentlichten Analyse von Klimagesetzen in sechs Ländern zu dem Schluss, dass die Bemühungen der Gesetzgeber, die Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen zu verankern, nicht ausreichen, um eine deutliche Senkung der Treibhausgasemissionen zu erreichen.
In dem Bericht wurden Gesetze in Finnland, Frankreich, Mexiko, Schweden, dem Vereinigten Königreich und dem australischen Bundesstaat Victoria untersucht, die allesamt auf langfristige Emissionsreduzierungen in der gesamten Wirtschaft abzielen.
Neben den Defiziten zeigten die Anwält*innen von Client Earth auch auf, wie die Klimagesetzgebung gestärkt werden könne, um sicherzustellen, dass neue Gesetze effektiver sind.
Client Earth: Global climate laws falling short on reducing emissions, ClientEarth report finds
Urteil: Energiecharta-Vertrag gilt in Teilen nicht in der EU
Am Donnerstag vergangener Woche urteilte der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), dass der Energiecharta-Vertrag (Energy Charter Treaty, ECT) in Teilen nicht mehr gelte. Die im Vertrag vorgesehenen Schiedsgerichte sind zukünftig nicht mehr für Klagen innerhalb der EU zuständig. Ein Investor aus einem EU-Staat darf keinen EU-Staat verklagen. Denn nur „ein zum Gerichtssystem der Union gehörendes Gericht“ könne „die volle Wirksamkeit des Unionsrechts gewährleisten“, so der EuGH.
Die Klima- und Umweltschutzorganisationen CAN Europe und Client Earth begrüßten die EuGH-Entscheidung. „Der ECT stellt eine massive Bedrohung für Europas saubere Energiewende dar. ISDS mag zwar ein wenig bekannter Mechanismus sein, aber seit Jahrzehnten gibt er den Unternehmen für fossile Brennstoffe Deckung, um jedes Mal zu klagen, wenn ihre klimaschädlichen Investitionen durch demokratische Entscheidungen in Frage gestellt werden“, sagte Client Earth-Anwältin Amandine Van Den Berghe.
EuGH-Urteil vom 02. September 2021 in der Rechtssache C-741/19
CAN Europe: Companies cannot use ECT to sue governments for climate progress, top court says
Bundesnetzagentur soll unabhängig von Politik agieren
Ein zweites EuGH-Urteil vom Donnerstag erging zur Rolle der Bundesnetzagentur (BNetzA) bei der Festlegung der Strom- und Gasnetzregulierung in Deutschland. Die EU-Kommission wirft Deutschland vor, zwei Richtlinien zu Strom und Gas nicht rechtskonform umgesetzt zu haben. Derzeit legt die Bonner Behörde Netzentgelte auf Basis von Regeln fest, die die Politik beschlossen hat. Aus Sicht von Brüssel ist die Behörde somit nicht unabhängig genug. Jedoch sollte sie nach eigenem Ermessen handeln können, also ohne dass sie an politische Vorgaben gebunden ist.
Dieser Einschätzung der Klägerin folgte der EuGH: Es dürfe keine politische Einmischung geben, heißt es im Urteilspruch. Die BNetzA soll als unabhängige Kontrolleinrichtung allein entscheiden, wie sich die Kosten für das Durchleiten von Strom und Gas berechnen. Das Urteil könnte den Einfluss der BNetzA, die dem Bundeswirtschaftsministerium untersteht, deutlich stärken.
DLF: Bundesnetzagentur muss unabhängiger werden
Tödliche Luftverschmutzung
Laut einem am Dienstag veröffentlichten Bericht des CEE Bankwatch Network und des Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) sind in den vergangenen drei Jahren schätzungsweise 19.000 Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung durch Kohlekraftwerke in den westlichen Balkanstaaten gestorben.
Die Luftverschmutzung durch Kohlekraftwerke in Serbien, dem Kosovo, Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien und Montenegro beeinträchtige nicht nur die Menschen in diesen Ländern, sondern auch jene in den benachbarten EU-Ländern, insbesondere in Rumänien, Ungarn und Griechenland, so der Bericht. Die EU müsse den Ländern des westlichen Balkans dabei helfen, aus der Kohle auszusteigen, fordern Bankwatch und CREA.
CEE Bankwatch and CREA: Comply or close
CO2-Grenzausgleich auf EU-Importe ohne Schlagkraft
Einer Studie der Klima-Denkfabriken Sandbag, E3G und Energy Foundation zufolge hätte der geplante CO2-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM) kaum Einfluss auf CO2-intensive EU-Importe. Der CBAM decke nur 3,2 Prozent der nach Europa importierten Waren ab, aber 47 Prozent der kostenlosen Emissionszertifikate, die die Industrie derzeit erhält.
Die Kosten des CBAM würden hauptsächlich von den europäischen Direktverbrauchern getragen, während die Importeure den größten Teil der Kosten dank der Preiserhöhungen auf den europäischen Märkten wieder hereinholen. Von den sechs wichtigsten europäischen Handelspartnern werden auf importierte Waren aus Russland die höchsten CBAM-Gebühren erhoben. Die Gebühren für importierte Waren aus den Vereinigten Staaten seien dagegen vernachlässigbar.
Redakteurin: Ann Wehmeyer
Klima-Pledge: Online-Kampagne zur Bundestagswahl 2021
Wenn die Bundesregierung versagt, dann müssen die Bürger*innen handeln. Bei der Bundestagswahl können wir den Stillstand des letzten Jahrzehnts beenden. Dafür startet die Klimabewegung jetzt die größte Kampagne die es zu einer Bundestagswahl bisher gab - den Klima-Pledge.
Unterzeichnen Sie jetzt. #KlimaPledge
Der Klimawahlcheck: Wahlprogramme zu Klimathemen vergleichen
Wer steht wofür beim Klimaschutz? Ab sofort können sich Wähler*innen mithilfe eines Online-Tools über die Positionen zum Klimaschutz von CDU, SPD, Grünen, FDP und Linken informieren, eine Selbsteinschätzung abgeben und herausfinden, wo sie selbst im Parteienspektrum stehen. Die Klima-Allianz Deutschland, GermanZero und der NABU haben die Wahlprogramme zu Themen wie „Energie”, „Landwirtschaft und Artenvielfalt” oder „Klimaziele und Klimagerechtigkeit” ausgewertet.