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Kompromisse bei Schuldenregeln und EU-Budget
EU-News | 15.02.2024
# sozial-ökologische Transformation #EU-Umweltpolitik

Kompromisse bei Schuldenregeln und EU-Budget

EU Föderung Sparschwein

Die EU-Institutionen haben am 10. Februar einen Durchbruch beim neuen EU-Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung erzielt. Die EU-Kommission begrüßte die Einigung. Zukünftig soll die nationale Lage stärker berücksichtigt werden, gleichzeitig wurden konkrete Mindestanforderungen für den Abbau von Schulden bestimmt. Außerdem: Die EU soll mehr Geld im Mehrjährigem Finanzrahmen einplanen dürfen. Siehe auch EU-Politik kurz & knapp (Infokasten).

Etwas mehr Flexibilität bei Schulden – doch wenig Spielraum für sozialökologischen Umbau

Die Hauptziele des neuen Fiskalrahmens sind laut EU-Kommission die „Stärkung der Schuldentragfähigkeit der Mitgliedstaaten” und die „Förderung eines nachhaltigen und integrativen Wachstums in allen Mitgliedstaaten”. Reformen und vorrangige Investitionen sollen den „Übergang zu einer grünen, digitalen, integrativen und widerstandsfähigen Wirtschaft” vorantreiben. Die im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgesehenen Obergrenzen für die Neuverschuldung von drei Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) und 60 Prozent für die Gesamtverschuldung sollen prinzipiell weiter gelten. Für Mitgliedstaaten, deren öffentliches Defizit über drei Prozent des BIP liegt, oder deren öffentlicher Schuldenstand 60 Prozent des BIP überschreitet, wird die Kommission einen länderspezifischen „Referenzpfad“ vorgeben und „technische Informationen zur Verfügung stellen“. Zudem gibt es längere Fristen zur Anpassung an die EU-Zielvorgaben. Zur Kontrolle der Durchsetzung müssen die Mitgliedstaaten einen jährlichen Bericht verfassen und ein von der EU-Kommission eingerichtetes „Kontrollkonto“ zur Erfassung von Abweichungen vom haushaltspolitischen Pfad im vereinbarten Rahmen halten. Anderenfalls könnte ein sogenanntes Defizitverfahren eingeleitet werden.

Umweltverbände hatten bereits seit längerem (EU-News 10.11.2022) gefordert, dass es mehr Freiräume beim Schuldenabbau geben müsse, um Investitionen in Zukunfts- und Umwelttechnologien sowie soziale Abfederung von Kostensteigerungen zu ermöglichen. Als die EU-Kommission im April letzten Jahres neue Vorschriften für eine zukunftsfähige wirtschaftspolitische Steuerung vorschlug, fehlte den Verbänden die konkrete Ausrichtung auf eine sozial-ökologische Transformation (EU-News 27.04.2023). Kurz davor kritisierten Umweltverbände, dass zu starre Fiskalregeln die Fähigkeiten der Mitgliedstaaten zur Resilienz in Krisenzeiten schwächten und zu wenig Spielraum für ökologische und soziale Investitionen ließen (EU-News 21.04.2023). Auch auf Deutschland bezogen ist die Schuldenbremse - wie sie derzeit besteht - Umweltverbänden wie DNR, Germanwatch, IGBCE und WWF ein Dorn im Auge („Investitionen statt Finanzfesseln”).

Die Annahme der politischen Einigung muss noch formal von Rat und Parlament gebilligt werden und soll dann ab 2025 gelten.

Aktualisierung des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR): Mehr Geld für Ukrainehilfe, Migrationspolitik, Krisenvorsorge

Parlament und Rat haben sich am 6. Februar im Trilog mit der EU-Kommission auf die finanzielle Aufstockung und andere Anpassungen des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) geeinigt. Laut Haushaltsausschuss im EU-Parlament spiegele die Aktualisierung „die Forderungen des Parlaments vom Dezember 2022 wider, das eine Reform des EU-Haushalts forderte, um effektiver auf sich entwickelnde Bedürfnisse und unvorhergesehene Umstände zu reagieren, Finanzierungslücken zu schließen, eine strukturelle Lösung für die Kreditkosten der NextGenerationEU zu bieten und eine stabile Finanzierungslösung für die Ukraine sicherzustellen“. Es wurden zusätzliche Mittel für 2024-2027 gebilligt. Neben der Ukrainehilfe – die Ukraine-Fazilität umfasst insgesamt 50 Milliarden Euro an Darlehen (33 Milliarden) und Zuschüssen (17 Milliarden) - soll auch die Plattform für strategische Technologien für Europa" (STEP) langfristig gefördert werden, wobei „1,5 Milliarden Euro speziell für ihre Verteidigungsinvestitionskomponente“ verwendet werden sollen. Für Migration und Außenbeziehungen sollen zusätzlich 9,6 Milliarden Euro mehr ausgegeben werden, Krisenvorsorge und die Haushaltsflexibilität der EU werden mit zusätzlichen 3,5 Milliarden Euro gestärkt. Um die „eskalierenden Kosten“ für die Rückzahlung des Konjunkturprogramms NextGenerationEU bei steigenden Zinsen zu bewältigen, soll ein neuer Mechanismus eingeführt werden. Dieser soll beispielsweise die Finanzierung von grenzüberschreitenden Verkehrs- und Energieinfrastrukturen vor Kürzungen schützen und mehr Flexibilität sichern. Nicht ausgegebene Gelder, die andernfalls dem EU-Haushalt verloren gehen würden, sollen dafür verwendet werden können.

Die vorläufige politische Einigung muss noch vom Rat und vom Parlament förmlich gebilligt werden. Das Parlament wird voraussichtlich auf seiner Plenartagung vom 26. bis 29. Februar abstimmen. [jg]

EU-Kommission begrüßt Einigung über Reform der EU-Haushaltsregeln

EU-Parlament: Deal on EU economic governance reform

EU-Parlament: Deal on mid-term revision of EU’s long-term budget

EU-Politik kurz & knapp
  • Net Zero Industry Act (NZIA): Am 6. Februar haben die Rat und Parlament eine vorläufige Einigung über zum NZIA erreicht. Dessen Ziel ist es, den EU-Binnenmarkt für die industrielle Dekarbonisierung fit zu machen, „Netto-Null-Technologien“ zu fördern und schnellere Genehmigungsverfahren einzuführen. Zudem soll es Net-Zero-Industrie-Valleys, neue Kriterien für die öffentliche Auftragsvergabe und Auktionen für erneuerbare Energiequellen geben.  Das Europäische Umweltbüro (EEB) kritisiert „kostspielige“ und nicht nachweislich passende Technologien im endgültigen Netto-Null-Industrieplan.
  • Plattform für strategische Technologien für Europa (STEP): Rat und Parlament haben am 7. Februar eine vorläufige Einigung über die Ankurbelung von Investitionen in kritische Technologien erzielt. STEP soll Investitionen in den Bereichen digitale Technologien und technologieintensive Technologien (Deep Tech), umweltschonende Technologien und Biotechnologie mobilisieren, um die Souveränität und langfristige Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken.
  • Kleine Atomkraft ganz groß? Die EU-Kommission will eine Europäische Industrieallianz für kleine modulare Reaktoren (SMR) ins Leben rufen. Diese stehe „allen juristischen Personen offen, die bereit sind, zusammenzuarbeiten, um die Entwicklung, die Demonstration und den Einsatz kleiner modularer Reaktoren (SMR) in der EU zu erleichtern und zu beschleunigen“. Es geht um die Förderung der „nuklearen Lieferkette“, die Arbeit an konkreten SMR-Projekten und politische Beratung.
  • Glaubwürdige Umweltaussagen/Green Claims: Umwelt und Binnenmarktsausschuss im EU-Parlament haben am 14. Februar den Bericht zum Vorschlag der EU-Kommission zu Kriterien gegen Grünfärberei und irreführende Umweltaussagen (EU-News 23.03.2023) angenommen. Das Plenum könnte noch vor den EU-Wahlen im Juni darüber abstimmen, aber der Trilog dürfte erst in der nächsten Legislaturperiode beginnen. Hintergrundinformationen von ECOS
  • Parlamentarische Arbeit: Laut Medienberichten soll der geplante Neuzuschnitt der Ausschüsse verschoben, die Reform der Ausschussarbeit im zuständigen Komitee für konstitutionelle Fragen AFCO aber noch in den nächsten Wochen abgestimmt werden. Siehe auch AFCO
  • Green-Deal-Zukunft: Die Heinrich Böll Stiftung hat einen „visionären“ Artikel zur möglichen Fortentwicklung des Green Deal in der nächsten Legislaturperiode veröffentlicht, darunter herausgearbeitete Prioritäten, bisher noch bestehende Lücken und im Prozess befindliche Politikstränge.

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