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Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen
News | 08.02.2023
#Klima und Energie #Rohstoffe und Ressourcen

Mit Holzbau aus der Klimakrise?

Woodscraper
© Partner & Partner Architekten
Woodscraper - Hochhaus aus Holz

Bauen mit Holz ist eine nachhaltige Alternative zum konventionellen Bauen, sofern das Holz regional gewonnen wird. Es ist auch gut für das Klima, weil die Produktion von Holzbaustoffen geringere CO2-Emissionen verursacht, als die Produktion von Zement oder Stahl, und weil Holzbaustoffe in der Lage sind, CO2 zu speichern.

Bei der Vorstellung seiner Initiative „Bauhaus der Erde“ im Frühjahr 2021 sagte der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber: „Es geht um den Elefanten im Klimaraum – um die Tatsache, dass die gebaute Umwelt für mehr als 40 Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich ist. Können wir das ändern? Ja. Wir können diese Emissionen weitgehend vermeiden. Wir können sogar so bauen, dass wir Kohlenstoff aus der Atmosphäre herausholen […], wenn wir unsere Städte wieder aus Holz bauen. Mit regenerativer Architektur können wir uns quasi aus der Klimakrise herausbauen.“ Können wir also mit Holzbau das Klima retten?

In der Tat ist der Gebäudesektor einer der wichtigsten Verursacher von Treibhausgasen. Über 30 Prozent der CO2-Emissionen entstehen im Gebäudebetrieb, vor allem durch Heizung oder Klimatisierung. Weniger bekannt ist, dass auch der Bau, die Sanierung und schließlich der Abriss von Gebäuden im Umfang von etwa 10 Prozent zur Klimakrise beitragen. Mit strengeren Dämmvorschriften wächst die Bedeutung dieser sogenannten grauen Energie (die gesamte benötigte Energie für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung eines Produkts; die Red.): Im Schnitt kostet heute ein Neubau in Deutschland so viel Herstellungsenergie, wie dieses Gebäude in den ersten 50 Jahren zum Betrieb benötigt.

Thomas Schmitz
Um die Klimaschutzziele zu erreichen, müssen bis spätestens 2050 rund drei Viertel der etwa 22 Millionen Gebäude in Deutschland klimaneutral saniert werden.
Thomas Schmitz, Natureplus
Senior Consultant

Heute liegen für alle Baustoffe Ökobilanzen vor, aus denen man zumindest ansatzweise ihren ökologischen Fußabdruck ablesen kann. Nach Aussage des Umweltbundesamtes ist „offensichtlich, dass hinsichtlich Primärenergiebedarf und Treibhausgaspotenzial grundsätzlich die Holzbauweise besser abschneidet als die Massivbauweise“. So schätzt man beispielsweise, dass allein die Zementproduktion für weltweit über 7 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich ist. Eine Studie des Wilhelm-Thünen-Instituts für Holzbau aus dem Jahr 2018 hat gezeigt, dass der Einsatz von Holzbaustoffen im Vergleich zu Beton, Ziegel und Stahl bis zu 75 Prozent weniger CO2-Emissionen verursacht.

Holz im Bau speichert CO2 und braucht weniger Energie

Auch zur Verringerung des Energiebedarfs im Gebäudebestand kann der Holzbau beitragen. Laut Schätzung der Deutschen Energie-Agentur (dena) müssen, um die Klimaschutzziele zu erreichen, bis spätestens 2050 rund drei Viertel der etwa 22 Millionen Gebäude in Deutschland klimaneutral saniert werden. Das sind rund 2.500 Gebäude jeden Tag. Um hier schneller und kostengünstiger voranzukommen, wird aktuell von der Bundesregierung die serielle Sanierung besonders gefördert. Das ist eine Methode, bei der mehrere Gebäude gleichzeitig und mit vorgefertigten Elementen wärmegedämmt werden.

Für eine Vorfertigung von Elementen ist der Holzbau besonders geeignet. Das Bauen in Serie muss architektonisch keineswegs eine Renaissance der Plattenbauweise bedeuten, wie zahlreiche Beispiele – zuletzt auch auf der Messe Build in Wood in Hamburg – belegen. Das geringere Gewicht von Holzbaustoffen im Vergleich zu anderen Materialien macht den Holzbau besonders geeignet für Dachaufstockungen, durch die zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden kann, ohne dass zusätzliche Flächen in Anspruch genommen werden müssen.

Um den Klimawandel aufzuhalten, müssen nicht nur die CO2-Emissionen gesenkt werden, es muss auch vermehrt Kohlendioxid aus der Atmosphäre gefiltert und gespeichert werden. Die CO2-Speicherwirkung des Holzbaus ist lange belegt. Eine Studie des Öko-Instituts aus dem Jahr 2018 hat beispielsweise gezeigt, dass der Einsatz von Holzbaustoffen in Gebäuden zu einer CO2-Speicherung von 3,5 Tonnen Kohlendioxid pro Kubikmeter Holz führen kann. Eine andere Studie des Fraunhofer-Instituts aus dem Jahr 2019 hat belegt, dass Holzbauprojekte in Deutschland in den letzten Jahren dazu beitrugen, mehrere hunderttausend Tonnen CO2 zu speichern.

Die Holzbauquote, also die Anzahl der genehmigten Wohngebäude, die überwiegend mit Holz gebaut wurden, ist 2021 in Deutschland auf einen Höchststand von 21,3 Prozent gestiegen. Auch im Neubau von Schulen oder Behörden kommt immer häufiger Holz zum Einsatz. Viele bürokratische Hürden, die in der Vergangenheit den Holzbau etwa aus Brandschutzgründen behinderten, konnten abgebaut werden, jüngst beispielsweise in Baden-Württemberg. Ob sich diese Entwicklung allerdings noch deutlich weiter steigern lässt, damit die eingangs erwähnte Vision von Hans Joachim Schellnhuber Wirklichkeit wird, ist fraglich. Das hängt wesentlich von der nachhaltigen Holzverfügbarkeit in Deutschland ab, die überwiegend aus regionaler Forstwirtschaft stammen müsste. Denn für die weltweite Klimakrise ist es keine Lösung, wenn Deutschland seine Probleme mithilfe massenhaft importierter Hölzer lösen wollte.

Nachhaltige Verfügbarkeit gefährdet

Hier machen sich die Auswirkungen der Klimakrise selbst auf die Holzverfügbarkeit bemerkbar. Hatte man in der Vergangenheit in Deutschland die Situation, dass stets mehr Wald nachwuchs, als genutzt werden konnte, führen nun Trockenperioden, Stürme und Käferbefall zu Waldschäden, schwer zu vermarktendem Kalamitätsholz und zunehmend restriktiveren Waldnutzungen, also von Behörden vorgegebenen Stilllegungen. Zusammen mit dem Waldumbau hin zu klimaresistenteren Baumarten kann das mittelfristig die Verfügbarkeit von Holz für den Baubereich reduzieren. Gerade das klassische Bauholz – vor allem Fichte – ist vom Waldumbau stark betroffen, weil es dem Klimawandel nicht standhält. Zwar gibt es schon erste Produktlinien, die Laubholz – vor allem Buchenholz – für den konstruktiven Holzbau nutzen. In der Masse wird es aber das Nadelholz nicht völlig ersetzen können.

Um den ökologischen Fußabdruck unserer Gebäude zu verringern und die CO2-Speicherung im Sinne der Klimaneutralität voranzubringen, wird es also darauf ankommen, neben Holz auch schnell nachwachsende Rohstoffe wie Bambus oder Stroh als Baustoffe langfristig nutzbar zu machen. Dies wäre sicherlich ein Schritt in eine nachhaltigere und klimafreundlichere Zukunft im Gebäudebereich.

Der Autor

Thomas Schmitz ist Senior Consultant von Natureplus, dem Verein zur Förderung des nachhaltigen Bauens und Wohnens. Er berät und unterstützt den gemeinnützigen Umweltverband im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Gremien. Zuvor war er lange Jahre Geschäftsführer von Natureplus.

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