News-Mix: Nitratrichtlinie, Oderausbau, Abwasser

Kurzer Überblick über Wasserpolitik der letzten Wochen: Deutschland reicht Neuausweisung der nitratbelasteten „roten Gebiete“ in Brüssel ein, Verbände fordern umfassende Düngerechtsnovellierung. Oderausbau Thema bei deutsch-polnischem Treffen. Rechtsgutachten: Oderausbau ist nicht EU-rechtskonform. Neue EU-Abwasservorschriften voraussichtlich im Juli.
Nitratrichtlinie: Bund meldet erweiterte Gebiete nach Brüssel, Verbände fordern Reduktion der Gewässerbelastung
Am 18. Februar haben das Bundesumweltministerium (BMUV) und das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) nach erneuten Gesprächen mit EU-Kommission und Bundesländern ihren Vorschlag zur Neuausweisung der stark mit Nitrat belasteten Regionen („rote Gebiete“) in Deutschland an die EU-Kommission gesendet. Derzeit läuft ein Vertragsverletzungsverfahren, weil Deutschland seit Jahren die Grenzwerte für Nitrat im Grundwasser gemäß EU-Nitratrichtlinie nicht einhält (EU-News 14.10.2021, EU-News vom 21.06.2018). Im Juni 2021 stellte EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius in einem Schreiben an die damalig zuständigen Ministerien fest, dass 96 Prozent der überdüngten Gebiete in Deutschland im Rahmen der Düngeverordnung (DüV) nicht als belastet gekennzeichnet worden seien (EU-News 08.07.2021). Nach Angaben der derzeit Verantwortlichen sei die Neuausweisung aber nun „fristgerecht“ eingereicht worden und es gebe einen Flächenzuwachs der „roten Gebiete“ um über 33 Prozent.
Verbände und Organisationen der „Nitratinitiative“ riefen die neue Bundesregierung zur konsequenten Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie auf. BUND, BDEW, Deutsche Umwelthilfe, Deutscher Naturschutzring, Germanwatch, Greenpeace, Grüne Liga, Global Nature Fund, Verdi und der WWF forderten eine Neu-Ausweisung der nitratbelasteten und eutrophierten Gebiete auf Grundlage konkreter Messwerte, da die bisherige Modellierung nicht EU-konform sei. Die Bundesländer hätten bisher die belasteten Flächen um bis zu 50 Prozent künstlich verkleinert und erforderliche Schutzmaßnahmen ausgesetzt. Darüber hinaus sei eine Kontrolle der Düngung wegen fehlender Vorgaben in der Stoffstrombilanzverordnung nicht möglich. Als Folge würden noch immer bei rund 24 Prozent der Grundwasserkörper die Vorgaben nicht eingehalten. Nötig seien zum Beispiel eine verpflichtende Stoffstrombilanzierung für alle landwirtschaftlichen Betriebe, bei der alle in einen Betrieb hinein- und wieder herausgehenden Nährstoffströme dokumentiert und bewertet werden. Außerdem müssten Gülleimporte veröffentlicht sowie ein nationaler Maßnahmenkataloge zur Eindämmung des „Gülletourismus” vorgelegt werden, damit überschüssige Gülle aus den Regionen mit Massentierhaltung nicht in Massen zu landwirtschaftlichen Betrieben in anderen Regionen transportiert werden. Zudem gelte es, festgelegte Maßnahmen zur Verringerung der Nitrat- und Phosphatbelastungen in die dritten Bewirtschaftungsplänen zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie aufzunehmen und zu veröffentlichen. Auch geeignete gewässer- und umweltverträgliche Bewirtschaftungsmaßnahmen für nitratbelastete und eutrophierte Gebiete seien festzulegen, forderten die Organisationen.
Oderausbau auf polnischer Seite nicht EU-rechtskonform?
Der Schutz der Oder und viele andere Umweltthemen wie der Ausbau der Atomkraft waren Thema beim „Antrittsbesuch“ der deutschen Bundesumweltministerin Steffi Lemke in Polen am 22. Februar. Das Bundesumweltministerium zeigte anschließend die gemeinsame Pressekonferenz als Video auf Twitter, wobei Lemke darauf hinwies, dass es an einigen Stellen „unterschiedliche Auffassungen“ gebe, man aber weiter den Dialog in bewährten Strukturen wie dem seit 30 Jahren existierenden deutsch-polnischen Umweltrat suche, auch für einen besseren Schutz des gemeinsamen Flusses. Laut der polnischen Umweltministerin Anna Moskwa (Twitter) ging es bei dem Gespräch außerdem um „die Gewährleistung der Energiesicherheit, die Herausforderungen der Energiewende und die Zusammenarbeit im Umweltbereich“.
Die polnische Regierung will die Oder weiter ausbauen, seit Februar gibt es laut der EU-Abgeordneten Ska Keller (Grüne, Deutschland) erste Baustellen auf der polnischen Oderseite. Angeblich gehe es um Hochwasserschutz, aber gleichzeitig sei mehrfach signalisiert worden, dass der Fluss für Schwerlasttransporte schiffbar gemacht werden soll, sagte Keller. Finanziert werden soll das Milliardenprojekt auf polnischer Seite unter anderem durch die Weltbank und die Europäische Kommission. In einem am 1. März vorgelegten Rechtsgutachten im Auftrag der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament heißt es, dass „das von polnischer Seite vorangetriebene Vorhaben gegen das Verschlechterungsverbot der EU-Wasserrahmenrichtlinie“ verstoße und mit den Vorgaben zum europäischen Gebietsschutz der FFH-Richtlinie nicht vereinbar sei. Auch mit den Bestimmungen der in der UVP-Richtlinie festgesetzten Anforderungen für Umweltverträglichkeitsprüfung und dem europäischen Artenschutzregime sei es nicht vereinbar, heißt es in dem Gutachten. Es gebe beim Oderausbau erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit des Vorhabens mit europäischem Umweltrecht.
In Planung: EU-Vorschriften zu kommunalem Abwasser, Leitlinien für Sedimente
Voraussichtlich im Juli will die EU-Kommission einen Vorschlag vorlegen, wie in der EU künftig das Abwasser behandelt werden soll. Die „UWWTD“ (Urban Wastewater Treatment Directive) wird dafür aktualisiert, wobei es noch einige strittige Themen gibt. Dazu gehören die verbleibende Umsetzung der derzeitigen Vorschriften, Überläufe und Überschwemmungen, nicht angeschlossene städtische oder ländliche Räume, Industrieeinleitungen sowie besonders empfindliche Gebiete und Nährstoffrückgewinnung. Auch, wie die Nährstoffrückgewinnung mit der Wasserrahmenrichtlinie und der Nitratrichtlinie in Einklang gebracht werden kann, ist Thema. Aus Umweltsicht besorgniserregend und noch unzureichend geregelt sind auch neu auftretende Schadstoffe oder das Überleben von Viren in Abwässern, Energieeffizienzfragen und Treibhausgasemissionen. Nicht zuletzt müsste die Umsetzung der Vorschriften auch ausreichend kontrolliert werden.
Darüber hinaus erarbeiten die zuständigen Fachgruppen derzeit neue Leitlinien zum integrierten Sedimentmanagement. Hier sollen im Laufe der nächsten Wochen Leitlinien und bewährte Verfahren im Zusammenhang mit der Wasserrahmenrichtlinie zusammengefasst und veröffentlicht werden. [jg]
BMUV: Steffi Lemke reist zum Antrittsbesuch nach Polen
Ska Keller: Gutachten: Oderausbau nicht mit EU-Recht vereinbar. Bündnisgrüne: Projekt gehört auf den Prüfstand
Donauanrainer vereinbaren neuen Schutzplan
Die Ministerkonferenz der Internationalen Kommission zum Schutz der Donau (IKSD) hat am 8. Februar den Bewirtschaftungsplan für die Donau in den kommenden sechs Jahre beschlossen. Das Ziel: im gesamten Donauraum die Lebensräume für wasserabhängige Tiere und Pflanzen verbessern und die Verschmutzung der Donau weiter verringern. Außerdem nahmen die 16 Vertragsparteien des Donauschutzübereinkommens einen Managementplan nach der EU-Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie und eine Ministererklärung an. Weiterlesen