Nitratrichtlinie wird evaluiert, deutsches Urteil gibt Verbandsklage recht
Die EU-Kommission sammelt Stellungnahmen zur EU-Politik über den Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen. Deutsche Umwelthilfe gewinnt Klage für sauberes Wasser in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.
Mit einer am 1. Dezember eingeleiteten Konsultation will die EU-Kommission die Meinung von Landwirtschaftsbetrieben, Industrie, Nichtregierungsorganisationen, Bürgerinnen und Bürgern, öffentlichen Verwaltungen sowie Wasserbehörden einholen, um zu prüfen, ob die Nitratrichtlinie weiterhin zweckmäßig ist und zu einer nachhaltigen und widerstandsfähigen Landwirtschaft und zur Ernährungssicherheit beiträgt. Entsprechende Rückmeldungen, Ideen, Informationen und Meinungen, einschließlich wissenschaftlicher und technischer Studien, können bis 8. März dafür eingereicht werden.
Viele EU-Mitgliedstaaten (Bericht) – darunter Deutschland – tun zu wenig, um die Vorschriften der Nitratrichtlinie einzuhalten. Ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Deutschland konnte erst diesen Sommer gestoppt werden, bevor es vor den Europäischen Gerichtshof ging (EU-News 09.06.2023). Ein breites Bündnis von Umweltorganisationen hatte Anfang November dennoch anlässlich der Anhörung zum Düngegesetz im Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages „essenzielle Nachbesserungen im deutschen Düngegesetz“ gefordert. Die Nitratbelastungen seien weiterhin zu hoch: Seit 2008 überschreite jede sechste Grundwassermessstelle den Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter.
Grundsatzurteil in Deutschland: Wasserqualität muss besser werden
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat am 22. November einer Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) stattgegeben und ein Urteil in Sachen Wasserschutz gefällt. Demnach müssen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen ambitioniertere Maßnahmen gegen die massive Nitratbelastung im Ems-Gebiet ergreifen und die Wasserqualität konkret verbessern. Die beiden Länder verfehlten seit Jahren gesetzliche Nitratgrenzwerte im Ems-Gebiet.
Der gute chemische Zustand des Grundwassers, der nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie bereits seit dem Jahr 2015 einzuhalten war, werde im Ems-Gebiet aufgrund zu hoher Nitratwerte drastisch verfehlt, so die DUH. Da Nitrat im Trinkwasser gesundheitsschädlich sei, gefährde dies die Versorgung mit sicherem Trinkwasser. Grund der Belastung sei unter anderem die Massentierhaltung und die Überdüngung mit Gülle. Die DUH forderte die beiden Landesregierungen dazu auf, wirksame Maßnahmen zur Reduzierung der Nährstoffüberschüsse im Ems-Gebiet zu ergreifen, zum Beispiel durch eine Senkung der Tierzahlen. DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner begrüßte das Urteil und sagte, dies sei „ein guter Tag für den Grund- und Trinkwasserschutz“ gewesen.
Die Rechtsanwältin DUH, Caroline Douhaire, nannte das Urteil des Oberverwaltungsgerichts „wegweisend“. Erstmals habe ein deutsches Gericht festgestellt, „dass die Einhaltung der verbindlichen Qualitätsziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden darf“. Es müssten wirksame Maßnahmen zur fristgerechten Erreichung verbindlicher EU-Umweltziele ergriffen werden.
Durch zuviel Nitrat und Nährstoffe leiden nicht nur Biodiversität und der Grundwasserkörper, sondern auch die Ostsee, wo inzwischen durch Eutrophierung „tote Zonen“ entstehen. [jg]