Renaturierung der europäischen Meere dringend erforderlich

Das WWF Europabüro fordert ein starkes EU-Wiederherstellungsgesetz auch zum Schutz der Meere. 15 Prozent der Meeresgebiete sollten renaturiert werden. Bis 2030 müssten außerdem 30 Prozent der Flächen geschützt sein, zehn Prozent davon streng.
Das WWF Europabüro hat ein Factsheet zur Renaturierung der europäischen Meere veröffentlicht. Die Organisation fordert damit die EU auf, im für den 23. März geplanten EU Wiederherstellungsgesetz auch meeresbezogene Schutzziele zu integrieren. In einem Gastbeitrag im Umweltinformationsdienst Euractiv hat WWF-Meeresschutzreferent Odran Corcoran die WWF-Forderungen ebenfalls erläutert.
Die Rechtsvorschriften für die Wiederherstellung müssten aus Sicht des WWF Europa strenge, durchsetzbare Ziele enthalten und sowohl der aktiven als auch der passiven Wiederherstellung der Natur Vorrang einräumen. Aktiv meint das menschliche Eingreifen, um Arten und Ökosysteme wiederherzustellen, deren Zustand sich verschlechtert hat oder als verloren gelten. Passive Wiederherstellung heißt die Wahrung und Einrichtung von Naturgebieten, damit sich die Ökosysteme durch natürliche Prozesse erholen können. Bis 2030 müssten mindestens 15 Prozent der EU-Meeresfläche erfolgreich wiederhergestellt sein, so eine WWF-Forderung. Gleichzeitig müsse sichergestellt sein, dass die wiederhergestellten Gebiete geschützt werden, damit sie danach nicht wieder geschädigt werden. Außerdem müsse parallel das EU-Ziel für die biologische Vielfalt bis 2030 vorangetrieben werden, mindestens 30 Prozent der Meeres- und Küstengebiete unter Schutz zu stellen, davon ein Drittel streng geschützt.
Des Weiteren müssten die Wiederherstellungsmaßnahmen in Zusammenarbeit mit den Küstengemeinden und lokalen Akteuren entwickelt werden. Auch eine Verstärkung der sektor- und gerichtsübergreifenden Zusammenarbeit zwischen Ländern und Einrichtungen auf EU-, globaler und regionaler Ebene sei angebracht. Die neuen Ziele zur Wiederherstellung müssten außerdem über bestehende EU-Rechtsvorschriften wie die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, die Vogelschutzrichtlinie, die Wasserrahmenrichtlinie und die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie hinausgehen, um eine Überschneidung bereits bestehender Verpflichtungen zu vermeiden und auf dem Bestehenden aufzubauen. Schließlich müssten die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, innerhalb einer klaren Frist Wiederherstellungspläne mit klaren quantitativen Zielen in Bezug auf den Standort, die betroffenen Ökosysteme, die einzusetzenden Finanzinstrumente und die Anforderungen an eine aktive Beteiligung der Öffentlichkeit vorzulegen.
Die negativen Auswirkungen des Klimawandels, der Umweltverschmutzung, der Überfischung und der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen an Land und im Meer hätten die Ökosysteme inzwischen in einem Maße geschädigt, wie es in der Geschichte der Menschheit noch nie vorgekommen ist, sagte WWF-Meeresschutzreferent Odran Corcoran im Umweltinformationsdienst Euractiv. Für die Kohlenstoffspeicherung wichtige Seegrasarten im Mittelmeer könnten bis Ende des Jahrhunderts ausgerottet sein, die Populationen von Land- und Meeressäugetieren im Mittelmeer seien seit 1950 um 41 Prozent, Weichtierarten wie Muscheln, Meeresschnecken oder Tintenfische um 90 Prozent zurückgegangen. Haie und Rochen im Atlantik verschwänden, Seevögelbestände schrumpften kontinuierlich. „Schlechte Führung, die Weigerung der Regierungen, wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen, und die Bevorzugung des kurzfristigen Profits gegenüber gesunden Meeren haben uns hierhergebracht. Um die Verlustrate der Natur zu verändern und einen katastrophalen Klimawandel abzuwenden, sind radikale Veränderungen erforderlich“, so Corcoran. [jg]
WWF-Factsheet zur Wiederherstellung der Meere: Restoring Europe´s Marine Environment: How the new eu nature restoration law can secure a healthy and resilient ocean
Euractiv/Odran Corcoran, WWF Europabüro: Time to turn the tide on inaction and bring life back to the ocean