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Umweltaktive fürchten Wiederholung der Oderkatastrophe von 2022
EU-News | 22.06.2023
#Wasser und Meere

Umweltaktive fürchten Wiederholung der Oderkatastrophe von 2022

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© Florian Schöne
Blick auf die Oder

Zwei Wochen nach der Oder-Konferenz des Bundesumweltministeriums warnte Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel gegenüber dem rbb vor einem erneuten Fischsterben in der Oder. Steigende Temperaturen und hoher Salzgehalt führten zum Wachstum der giftigen Goldalge. Derweil will die Entwicklungsbank des Europarates (CEB) den Ausbau der Oder nicht mehr finanzieren.

Trotz Einrichtung eines polnischen Krisenstabs habe sich an den Salzeinleitungen auf polnischer Seite nichts geändert, so Vogel. Er warf der polnischen Regierung das "Zünden von Nebelkerzen" und mangelnde Informationspolitik vor. Im Juni hatte es im Gleiwitzer Kanal ein weiteres Fischsterben gegeben (tagesschau-Beitrag vom 15.06.), Bundesumweltministerin Steffi Lemke nannte die Verhinderung von Salzeinleitungen eine wichtige „Stellschraube“. Gegenüber dem rbb forderte der Umweltdezernent von Märkisch-Oderland, Gregor Beyer, die Einführung eines Einleitungskatasters sowie ein System von Rückhaltebecken für die Oder. Einleitungen dürften – wenn überhaupt – nur bei hohem Wasserstand und niedrigen Temperaturen erfolgen, Salzeinleitungen aus dem Tagebau seien zu unterbinden, zitiert der rbb den Dezernenten.

Oder-Konferenz endet mit Forderungen nach länderübergreifendem Aktionspramm

Bereits auf der Oder-Konferenz 2023 am 6. Juni in Schwedt hatte Lemke angesichts der massiven Schädigungen des Ökosystems eine Anpassung der Salzeinleitungen in Polen angemahnt, damit eine Regeneration des Ökosystems entlang der Oder möglich werde. Expert*innen diskutierten weitere Maßnahmen zur Regeneration des sensiblen Ökosystems. Bei einer Podiumsdiskussion (im Videomitschnitt ab Stunde 3:07), an dem auch DNR-Geschäftsführer Florian Schöne für das Bündnis „Lebendige Oder“ teilnahm, wurde diskutiert, wie die Oder wieder in einen guten ökologische  Zustand kommen kann. Schöne verwies für die Umweltverbände auf das im letzten Jahr vorgelegte Forderungspapier für ein Aktionsprogramm zum Schutz der Oder. Der Fluss sei eine „Perle für den Naturschutz“, gerade auch auf deutscher Seite im Bereich der Grenzoder. Man brauche eine langfristige Vision und müsse die Krise als Chance verstehen, um das naturverträgliche Potenzial der Oder zu entwickeln. Derzeit sei das Flussökosystem von Klimaeinflüssen, Niedrigwasser, Baumaßnahmen und Schadstoffeinträgen gebeutelt, nicht zuletzt deshalb müsse es einen Ausbaustopp und eine Überprüfung des Wasserstraßenabkommens geben. In einem begleitenden DNR-Pressestatement forderte der Umweltdachverband „ein umfassendes ökologisches Gesamtkonzept, das den Zustand der Oder in den kommenden fünf Jahren nachhaltig verbessert und die gesamte Flusslandschaft widerstandsfähiger gegenüber Umwelteinflüssen wie Dürre und Hitzestress, aber auch gegenüber Nährstoff- und Schadstoffeinträgen macht.“

Der Wasserbauingenieur und NABU-Flussexperte Rocco Buchta, der bei der Renaturierung der Unteren Havel mitwirkt, schlug ein länderübergreifendes Programm vor ähnlich wie nach dem Sandozunglück am Rhein 1986.
Derweil klagt ein Bündnis aus sieben Verbänden
beim Oberverwaltungsgericht Berlin Brandenburg gegen den Bewirtschaftungsplan Oder und das dazugehörige Maßnahmenprogramm.

CEB will Oder-Ausbau nicht mehr finanzieren

Die Entwicklungsbank des Europarates (CEB) hat angekündigt, den Ausbau der Oder nicht zu finanzieren, berichtet der SPIEGEL. Das Bündnis Lebendige Oder begrüßte den Entschluss am 23. Juni. „Die CEB bestätigt mit ihrem Beschluss, dass die Ausbaumaßnahmen eine nicht mit EU-Recht zu vereinbarende Bedrohung für Mensch und Umwelt an der Oder darstellen. Die Gelder sollten de facto zweckentfremdet verwendet werden, daher ist es folgerichtig, dass die CEB keine Finanzierung vorsieht. Weitere Mittelgeber wie die Weltbank sollten diesem Beispiel jetzt folgen und stattdessen in eine Renaturierung der Oder investieren“, sagte DNR-Geschäftsführer Florian Schöne als Vertreter des Aktionsbündnisses.[jg]

rbb: Umweltminister Vogel warnt vor neuem Fischsterben in der Oder

BMUV: Lemke: Nur mit besserem Schutz kann sich die Oder regenerieren

DNR: Entwicklungsbank des Europarates verzichtet auf Finanzierung des Oder-Ausbaus

Gewässerpolitik kurz & knapp
  • Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Ukraine am 6. Juni: Das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) hat in einem Kommentar zum Staudammbruch gewarnt, „Wasser als Waffe“ einzusetzen. Gemeinsam mit der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung weist das IGB auf die gravierenden Folgen dieser auch ökologischen Katastrophe hin. Schon im März gab es ein IGB-Briefing zum Thema.
  • Modellrechnung Risikohochwasser: Insgesamt dürften flussbedingte Hochwasserkosten in Europa je nach Szenario bis zum Ende dieses Jahrhunderts schätzungsweise um das Siebenfache auf 6,8 oder um das Zehnfache auf 9,3 Milliarden Euro ansteigen. Eine neue Analyse des JRC zeigt, dass das Hochwasserrisiko auf den Britischen Inseln und in Mitteleuropa im 21. Jahrhundert zunimmt, in Teilen Skandinaviens und des Mittelmeerraums gleich bleibt oder abnimmt.
  • Spree/Wassermangel: Das Umweltbundesamt warnt vor verstärktem Wassermangel in der Spree nach Kohleausstieg in der Lausitz. Sachsen, Brandenburg und Berlin stünden vor einer Mammutaufgabe. Für den sächsischen Teil der Spree geht die ⁠Prognose von einem jährlichen Wasserdefizit von rund 95 Millionen Kubikmeter aus.

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