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Verpackungen: Ratsposition „weniger schwach“
EU-News | 19.12.2023
#EU-Umweltpolitik #Kreislaufwirtschaft

Verpackungen: Ratsposition „weniger schwach“

Serienfertigung von Kunststoffbehältern
© AdobeStock/Alterfalter
Serienfertigung von Kunststoffbehältern

Der Umweltrat hat seine „allgemeine Ausrichtung“ zur Aktualisierung der EU-Vorschriften über Verpackungen und Verpackungsabfälle beschlossen. Zero Waste Europe beklagt zwar eine generelle Abschwächung des Kommissionsvorschlags, nennt die Ratsposition aber eine „Verbesserung gegenüber der rückwärtsgewandten Position des Parlaments“.

2021 entfielen pro Person in der EU 190 Kilogramm Verpackungsabfälle – Tendenz bis 2030 steigend um bis zu 20 Prozent, also nochmal rund 40 Kilogramm mehr. Hochgerechnet auf etwa 450 Millionen Menschen sind das kaum noch zu bewältigende Mengen. Die EU-Umweltminister haben am 18. Dezember ihre Position zum Vorschlag der EU-Kommission für eine Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle (PPWR) für die anstehenden Trilogverhandlungen festgelegt (siehe auch EU-News 11.10.2023). Das Ziel ist, die Müllberge zu reduzieren, die Kreislaufwirtschaft zu fördern und Verpackungen von Anfang an nachhaltig, recyclefähig und ohne Giftstoffe herzustellen. Außerdem werden Kennzeichnungsvorschriften festgelegt, um Verbraucher*inneninformationen zu verbessern. Für die Reduzierung von Verpackungsabfällen sollen verbindliche Ziele gelten: Auf der Grundlage der Mengen von 2018 sollen mindestens minus 5 Prozent bis 2030, minus 10 Prozent bis 2035 und minus 15 Prozent bis 2040 erreicht sein. Höhere Vermeidungsziele könnten national festgelegt werden.

Position des Rates: Anwendungsbereich beibehalten, Definition stoffliche Verwertung flexibler, Inkrafttreten später

Den Geltungsbereich der Verordnung will der Rat so belassen, wie die EU-Kommission vorgeschlagen hat, das heißt die Verordnung umfasst alle Verpackungen, unabhängig vom verwendeten Material, und alle Verpackungsabfälle, unabhängig von ihrer Herkunft - einschließlich Industrie, Herstellung, Einzelhandel und Haushalte. Auch bei den Nachhaltigkeitsanforderungen und wiederverwertbaren Verpackungen orientierte sich der Rat am Kommissionsvorschlag. Was Giftstoffe angeht, forderten die Mitgliedstaaten die Kommission auf, mit Unterstützung der Europäischen Chemikalienagentur bis 2026 einen Bericht über das Vorhandensein bedenklicher Stoffe in Verpackungen zu erstellen, um festzustellen, ob sie die Wiederverwendung oder das Recycling von Materialien beeinträchtigen oder Auswirkungen auf die Chemikaliensicherheit haben. Hersteller und Importeure würden dazu verpflichtet, das Gewicht und Volumen von Verpackungen zu minimieren, mit Ausnahme von geschützten Verpackungsdesigns.

Der Rat hielt zwar daran fest, dass alle in Verkehr gebrachten Verpackungen stofflich verwertbar sein müssen, allerdings einigten sich die Mitgliedstaaten darauf, dass Verpackungen als stofflich verwertbar gelten, wenn sie für die stoffliche Verwertung konzipiert sind und wenn die Verpackungsabfälle getrennt gesammelt, sortiert und in großem Umfang stofflich verwertet werden können (die letztgenannte Bedingung soll ab 2035 gelten). Die Kernziele für 2030 und 2040 für den Mindestanteil an stofflich verwerteten Materialien in Kunststoffverpackungen unterstützte der Umweltrat. Bis 2034 soll die Kommission die Umsetzung der Ziele für 2030 überprüfen und die Durchführbarkeit der Ziele für 2040 bewerten.

Teebeutel und Klebeetiketten auf Obst und Gemüse müssen aus Ratssicht zukünftig kompostierbar sein, zudem können die Mitgliedstaaten die Kompostierbarkeit anderer Verpackungen unter bestimmten Bedingungen vorschreiben. Der Rat hat die Kriterien der Kommission zur Definition von wiederverwendbaren Verpackungen beibehalten und eine Mindestanzahl von Umläufen bei ihrer Verwendung eingeführt, wobei die Mindestanzahl von Umläufen für Karton aufgrund der unterschiedlichen Eigenschaften dieses Materials geringer ist.

Prinzipiell unterstützt der Rat den Kommissionsvorschlag für Pfandrücknahmesysteme (DRS), wobei die Mitgliedstaaten bis 2029 Pfandsysteme einrichten müssen, damit sie jährlich mindestens 90 Prozent der Einweg-Plastikflaschen und Metallgetränkeverpackungen getrennt sammeln. Vorhandene Systeme können beibehalten werden, sofern die betreffenden Systeme das 90-Prozent-Ziel bis 2029 erreichen. Der Rat fügte eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Einführung eines DRS für Mitgliedstaaten hinzu, die im Jahr 2026 eine Quote von über 78 Prozent für die getrennte Sammlung erreicht haben.

Die vorgesehenen Beschränkungen für bestimmte Verpackungsformate wie Einweg-Plastikverpackungen für Obst und Gemüse, für Lebensmittel und Getränke, Würzmittel und Soßen sowie für kleine Kosmetik- und Toilettenartikel in Hotels können aus Ratssicht von den Mitgliedstaaten unter bestimmten Umständen durch Ausnahmeregeln entschärft werden. Schlussendlich forderte der Rat ein Inkrafttreten erst 18 Monate nach Veröffentlichung im Amtsblatt.

Zero Waste: Ausnahmeregelungen schwächen Gesetz, gefährliche Stoffe müssten schlicht verboten werden

Die Umweltorganisation Zero Waste Europe kommentierte leicht ironisch, dass die gemeinsame Position des Rates zumindest eine „Verbesserung“ der Haltung des EU-Parlaments und eine „solide Grundlage für die anstehenden Verhandlungen in den Trilogen“ sei. Eine eher unrühmliche Rolle hätten allerdings Italien und Finnland gespielt, die Maßnahmen zur Wiederverwendung und Abfallvermeidung im PPWR abschwächen wollten, was den spanischen Ratsvorsitz dazu veranlasst habe, weitere Ausnahmeregelungen in diesem Bereich zu akzeptieren. So wurden Wiederverwendungsziele für Wein gestrichen und Ausnahmeregelungen für Karton wiedereingeführt. Dies war auch ein Ziel der Papierindustrie, die darauf verwies, dass funktionierende Papierrecyclingkreisläufe existierten. Deutsche Brauereibetriebe wiederum wollen die in Deutschland funktionierenden Mehrwegsysteme für Bier- und Mineralwasserflaschen erhalten.

Zero Waste kritisierte, dass der Rat vorschlägt, die Beschränkungen für die Verpackung von frischem Obst und Gemüse ausschließlich auf Kunststoffverpackungen zu beziehen. Immerhin würden die Mitgliedstaaten, die bereits ehrgeizige Maßnahmen zur Wiederverwendung umsetzen, nicht gezwungen, zu Einwegverpackungen zurückzukehren. Der Kompromisstext des Rates wolle außerdem zwar eine eindeutige Kennzeichnung von bedenklichen Stoffen auf Verpackungsetiketten und umfassende Bewertungen ihrer Auswirkungen auf Wiederverwendung, Recycling und chemische Sicherheit. Allerdings müssten besonders gefährliche Stoffe wie PFAS und Bisphenole schlicht gänzlich verboten werden, so die Organisation. Zero Waste Europe drängte auf schnelles Handeln, um eine Einigung vor den anstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament im nächsten Jahr zu erzielen. [jg]

 

Umweltrat am 18.12.2023 – Main results und Packaging and packaging waste: Council adopts its negotiating position on new rules for more sustainable packaging in the EU

Council’s position on packaging rules an ‘improvement’ over Parliament’s stance, says Zero Waste Europe

Umweltrat kurz & knapp

Neben dem Beschluss zur Verpackungsverordnung (siehe oben) haben die Umweltministerinnen und -minister am 18. Dezember über das Bodenüberwachungsgesetz und eine entsprechende Vorlage des spanischen Vorsitzes debattiert. Der EU-Umweltrat besprach auch den Vorschlag der Kommission zur Einrichtung eines integrierten EU-weiten Waldüberwachungssystems (angemessen, wirksam, kosteneffizient? Wie bestehende Wissenslücken schließen?). Über Mittag diskutierten die Minister*innen über das Klimaziel 2040, Gast war Ottmar Edenhofer, Vorsitzender des Europäischen wissenschaftlichen Beirats zum Klimawandel. Darüber hinaus standen Informationen über die Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinie und die Verordnung über einen EU-Rahmen für die Zertifizierung des Kohlenstoffabbaus auf der Agenda sowie die Ergebnisse internationaler Konferenzen (Chemikalien - ICCM5, Quecksilber/Minamata - COP5 , Plastik - INC3) sowie die Ergebnisse der COP28.

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