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Nach 44 Jahren: Ein neues Jagdrecht
News | 06.11.2020
#Wald #Biodiversität und Naturschutz

Nach 44 Jahren: Ein neues Jagdrecht

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c. pixabay

Das Bundeskabinett hat am 4. November einer Gesetzesnovelle ("Entwurf des Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesjagdgesetzes, des Bundesnaturschutzgesetzes und des Waffengesetzes") von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner zugestimmt. Die Novellierung des Bundesjagdgesetzes sieht unter anderem vor:

  • Verwendungserlaubnis von Nachtzieltechnik und Infrarotaufhellern bei Jagd auf Schwarzwild
  • Minimierung von Blei in Büchsenmunition, sofern "hinreichende Tötungswirkung gewahrt" bleibt
  • Einführung eines bundesweiten Schießübungsnachweis für Gesellschaftsjagden
  • Bundesweite Vereinheitlichung der Jäger- und Falknerprüfung
  • Modernisierung der Jägerausbildung
  • Verbot des Kaufs und Verkaufs von Tellereisen
  • Verbot von Jagd an Waldquerungshilfen
  • Verbot von fangbereiten Fallen für Greifvögel
  • Ergänzende Regeln bei der Festlegung von Jagdzeiten
  • Anhebung des Bußgeldrahmens von 5.000 auf 10.000 Euro, Mindesthaftsumme für Jagdhaftpflichtversicherung auf 5 Millionen Euro
  • Einheitliche Regelungen zum Schutz vor Wildverbiss, um den klimastabilen Waldumbau sicherzustellen

Die Neuerungen sollen laut Bundesregierung das Jagdrecht von 1976 vereinheitlichen, den Umwelt- und Tierschutz verbessern sowie Schäden durch Rehwild bei der Aufforstung von klimastabilem Mischwald reduzieren helfen. Bundesweit seien rund 33 Prozent der jungen Bäume verbissen.

Reaktionen

"Der nach monatelangen Diskussionen vorgelegte Änderungsentwurf enttäuscht. So wie das Gesetz jetzt formuliert ist, wird es kaum spürbare Effekte bei der praktischen Jagdausübung geben. Dringender Handlungsbedarfbesteht auch dabei, endlich das Schwermetall Blei in der Jagd zu verbieten“, sagte NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Der NABU kritisiert darüber hinaus, dass andere relevante Aspekte der Jagd, wie die Reduzierung der Liste der jagdbaren Arten, die Einschränkung beziehungsweise Untersagung der Jagd auf Flächen, die für den Natur- und Artenschutz ausgewiesen wurden oder ein Verbot der Fallen-, Beiz- und Baujagd gar nicht angesprochen wurde. Hier bestehe weiter dringender Handlungsbedarf.

Der Deutsche Tierschutzbund kritisierte, dass die Novelle des Bundesjagdgesetzes notwendige und wichtige Aspekte des Tierschutzes weiter außen vorlasse. Vor allem den Bedürfnissen von Jägern und Waldbesitzern werde Rechnung getragen, nicht aber dem Tierschutz, kritisierte die Organisation.

Der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring hatte bereits im August die Entwurfsfassung kritisiert (Position 20.08.2020). Der Entwurf sei insgesamt nicht zufriedenstellend. Es sei die Chance vertan worden, wirklich substanzielle und zielführende Weiterentwicklungen festzuschreiben, auch wenn einige Regelungen erste Schritte hinsichtlich einer stärkeren Berücksichtigung von Natur- und Tierschutz darstellten.

Die Änderungen im Bundesjagdgesetz bedürfen nicht der Zustimmung des Bundesrates. Der Gesetzesentwurf durchläuft im Anschluss an die Kabinettsentscheidung das parlamentarische Verfahren im Bundesrat und Bundestag.

Umweltausschuss im EU-Parlament stimmt für Bleimunitionsverbot in Feuchtgebieten

Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments (ENVI) hat Ende Oktober relativ knapp (42 Ja-, 33 Nein-Stimmen, 4 Enthaltungen) einem Verbot von Bleimunition in Feuchtgebieten zugestimmt. Zuvor hatte es erhebliche Diskussionen um das Thema gegeben, unter anderem hatte sich Deutschland in einer entsprechenden Umweltratsabstimmung zunächst enthalten (EU-News 24.06.2020, 16.07.2020, 27.08.2020, 03.09.2020), was Proteste von Umweltverbänden zur Folge hatte (DNR-Pressemitteilung 24.06.2020, 01.07.2020, offener Brief 26.08.2020). Das Plenum des EU-Parlaments wird voraussichtlich im November über das Verbot abstimmen.

Niedersachsen will Wolf ins Jagdrecht aufnehmen

Nach Medienberichten plant Niedersachsen, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen. Ein Entschließungsantrag der Regierungskoalition aus CDU und SPD soll noch ins Landesparlament eingebracht werden. Der NABU Niedersachsen kritisiert diesen Vorstoß: „Der Entschließungsantrag ist blinder Aktionismus der Regierungskoalition und wird nicht zur Bestandsregulierung des Wolfes beitragen können, da dieser nach EU-Recht weiterhin geschützt ist“, kritisiert Holger Buschmann, Landesvorsitzender des NABU Niedersachsen, den Vorstoß. „Weidetierhalter erfahren dadurch – anders als behauptet – zudem keinerlei wirkliche Unterstützung. Es sind finanzielle Fördermittel für Weidetierhaltung und Herdenschutzmaßnahmen notwendig, die in Niedersachsen bisher nur unzureichend zur Verfügung gestellt werden.“

Nach Angaben des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) lebten im Untersuchungszeitraum 2019/2020 in Deutschland insgesamt 128 Wolfsrudel. Die meisten Wolfsrudel im Wolfsjahr (1. Mai 2019 bis zum 30. April 2020) lebten in Brandenburg (47), gefolgt von Sachsen (28) und Niedersachsen (23). [jg]

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