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EU-Luftqualität: 307.000 Todesfälle durch Feinstaub, EU-Kommission verklagt Portugal, Luft in Städten
EU-News | 18.11.2021
#Mobilität #Emissionen

EU-Luftqualität: 307.000 Todesfälle durch Feinstaub, EU-Kommission verklagt Portugal, Luft in Städten

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c. Maria Bossmann

Neue Schätzungen der Europäischen Umweltagentur (EEA) zeigen die dramatischen Auswirkungen der Luftqualität auf die Gesundheit der Europäer*innen. Die EU-Kommission kündigte vergangene Woche an, Portugal wegen schlechter Stickstoffwerte in der Luft vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu verklagen.

EEA-Bericht über gesundheitliche Auswirkungen der Feinstaubbelastung

Die von der EEA in ihrem Bericht berechnete Anzahl der Todesfälle bezieht sich auf diejenigen Menschen, die vorzeitig an den Folgen der Feinstaubbelastung in der EU gestorben sind. Mehr als die Hälfte dieser Fälle – nämlich 178.000 – hätte demnach vermieden werden können, wenn alle EU-Mitgliedstaaten den kürzlich von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aktualisierten Grenzwert von fünf Mikrogramm pro Kubikmeter (5 µg/m3) eingehalten hätten. Der EU-Grenzwert, der von vielen Mitgliedstaaten jedoch nicht eingehalten wird, liegt derzeit bei 25 µg/m3. Die EU steht unter Druck, ihren Wert an die neuen Empfehlungen der WHO anzupassen (siehe EU-News vom 23.09.).

Immerhin, so berichtet die EEA, habe sich die Luftqualität 2019 im Vergleich zum Vorjahr verbessert und dadurch zu weniger negativen Gesundheitsauswirkungen geführt. Im Vergleich zu 2005 seien die vorzeitigen Todesfälle durch Feinstaubbelastung um etwa ein Drittel zurückgegangen. Damit sei die EU-Kommission, die sich im Green Deal das Ziel gesetzt hatte, die Zahl bis 2030 um 55 Prozent zu senken, „auf einem guten Weg.“

Laut Ugo Taddei, Leiter des Bereichs Luftreinhaltung bei der Umweltrechtsorganisation Client Earth, zeigten die Ergebnisse der EEA „unmissverständlich“, dass eine Anpassung der EU- an die WHO-Grenzwerte notwendig sei. Die Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinie sei eine „einmalige Gelegenheit, um sicherzustellen, dass die Menschen in der EU in den kommenden Jahren keine Schadstoffe einatmen müssen“, so Taddei.

Vertragsverletzungsfahren gegen Portugal

Nicht wegen der Feinstaubbelastung, sondern wegen zu hoher Stickstoffwerte in der Luft muss Portugal sich bald vor dem EuGH verantworten. Am Freitag hatte die EU-Kommission diesen Schritt angekündigt, da in drei portugiesischen Regionen wiederholt und dauerhaft gegen den EU-Jahresgrenzwert verstoßen worden sei. Die Behörden vor Ort hätten zudem keine ausreichenden Bemühungen gezeigt, dagegen vorzugehen. Die Luftverschmutzung dort sei „hauptsächlich auf den Straßenverkehr zurückzuführen, insbesondere auf Dieselfahrzeuge“, so die EU-Kommission.

Das Europäische Umweltbüro (EEB) begrüßte die Ankündigung der EU-Kommission. „Das Versäumnis der nationalen Regierungen, die Grenzwerte für die Luftverschmutzung durchzusetzen, bedroht die Gesundheit der Menschen, und es ist höchste Zeit, dass sie die Konsequenzen ihrer Untätigkeit tragen“, erklärte Emilia Samuelsson, EEB-Beauftragte für Luftqualität und Lärm.  

Air Quality Atlas 2020

Auch der in dieser Woche veröffentlichte Luftqualitätsatlas der Gemeinsamen Forschungsstelle der EU (JRC) liefert Daten über die Feinstaubbelastung (PM 2,5) in der EU. Die Publikation enthält Informationen darüber, wie sich Emissionen aus verschiedenen Quellen auf die Feinstaubwerte in 150 europäischen Städten auswirken. Diese seien je nach Stadt sehr unterschiedlich: Während in Malmö der größte Anteil der Belastung auf den Verkehr zurückgehe (39 Prozent), seien es in Bonn die Landwirtschaft (40 Prozent), in Linz die Industrie (55 Prozent), in Ljubljana privates Heizen (45 Prozent) und in Valetta der Schiffsverkehr (33 Prozent).

Entsprechend wichtig sei es, bei der Ausarbeitung von Luftqualitätsplänen, stadtspezifische Gegebenheiten zu berücksichtigen. Zudem seien lokale Maßnahmen zur Verbesserung der Feinstaubwerte sehr wirksam, da sich die Hauptverschmutzungsquellen häufig innerhalb der Stadtgrenzen befinden. Aber auch sektorale Maßnahmen in der Landwirtschaft auf Länder- und EU-Ebene könnten sich deutlich positiv auf die Luftqualität in Städten auswirken, so die JRC. [km]

EU-Kommission: Luftqualität: Kommission verklagt PORTUGAL vor dem Gerichtshof der Europäischen Union wegen hoher Stickstoffdioxidwerte

EEA: Cleaner air could have saved at least 178,000 lives across the EU in 2019

EEA: Health impacts of air pollution in Europe, 2021. Briefing

More than half of EU’s air pollution deaths avoidable had leaders followed science – ClientEarth reaction

EEB: Right to clean air: European Commission refers Portugal to Court of Justice for breaching safe levels of nitrogen dioxide

EU Science Hub: Atlas maps main sources of air pollution for 150 European cities

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