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Makohaie, Fangquotendebatten und Meere als CO2-Speicher
EU-News | 18.11.2021
#Wasser und Meere #Klima und Energie

Makohaie, Fangquotendebatten und Meere als CO2-Speicher

Makohai_Presse
c. Sharkprojekt/David Serradell Zamora

Laut Rechtsgutachten verstößt die EU-Verhandlungsposition in Sachen Makohaie gegen internationales Fischereirecht, kritisiert Pro Wildlife. Die Quotendebatten in der EU und zwischen EU und Drittstaaten steuern auf einen Dezemberbeschluss zu. Der BUND hofft, dass die Fangmengen endlich dem wissenschaftlichen Rat entsprechen, um Überfischung zu verhindern. Der NABU fordert, die Ergebnisse der Weltklimakonferenz in der deutschen Meerespolitik umzusetzen.

ProWildlife kritisiert EU-Verhandlungsposition bei Makohaien im Nordostatlantik

„Brüssel pocht weiter auf Fang des bedrohten und geschützten Makohais“ kritisierte die Artenschutzorganisation Pro Wildlife anlässlich der Jahrestagung der Fischerei-Konvention ICCAT (International Commission for the Conservation of Atlantic Tunas). Die ICCAT tagt noch bis 23. November – und unter anderem geht es um den Fang von Makohaien. Laut einem Rechtsgutachten verstößt die EU-Verhandlungsposition gegen internationales Recht. Bereits seit 2017 empfehle das ICCAT-Wissenschaftsgremium einen vollständigen und sofortigen Anlandestopp für Makohaie aus dem Nordatlantik. Nur dann, so die ICCAT-Wissenschaftler*innen, habe der völlig überfischte Bestand des Makos eine wirkliche Chance, sich in den nächsten 50 Jahren zu erholen.

Seit 2019 stünden Makohaie im Anhang II des UN-Abkommens über den Handel mit geschützten Arten CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora), erklärte Pro Wildlife. Der internationale Handel mit Makohaien ist also nur erlaubt, wenn der Fang nachweislich nicht das Überleben der Art gefährdet. Da dieser Nachweis vor allem für den Nordatlantik nicht möglich sei, habe die EU-Artenschutzabteilung der Generaldirektion Umwelt in der EU-Kommission (DG ENVI) ab dem 1. Januar 2021 als Konsequenz einen Anlandestopp aus internationalen Gewässern beschlossen.

Die für Meere zuständige DG MARE hingegen habe diese Artenschutzentscheidung ignoriert und eigenmächtig eine Anlandequote für die EU-Flotte festgelegt. Offenbar wolle DG MARE erneut einen Fangstopp durch komplexe und nicht umsetzbare Regelungen de facto verhindern, kritisierte die Organisation. Spanien und Portugal gehörten zu den größten Haifangnationen der Welt: 2020 hätten die beiden Länder 1.200 Tonnen Makohaie allein aus dem Nordatlantik gefangen. In der EU werde Makohai als „willkommener Beifang“ der Langleinenfischerei auf Thunfisch, Schwertfisch und Blauhai gefangen und Fleisch sowie Flossen vermarktet. Eine gemeinsame Beschwerde von Pro Wildlife und Sharkproject an EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans läuft.

Fischereirat: Vorbereitungen auf die Fangquotenbeschlüsse für 2022

Auf der Tagung der Fischereiminister*innen am 15. November gab es einen „Gedankenaustausch über die Fortschritte bei den Konsultationen über Fangmöglichkeiten für Fischbestände, die gemeinsam mit dem Vereinigten Königreich bewirtschaftet werden, für das Jahr 2022“. Die etwas trockene Formulierung sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es zwischen Großbritannien und Frankreich immer noch gewaltig knirscht, da sich beide Seiten vorwerfen, sich gegenseitig Lizenzen zu verweigern. Der Fischereirat ließ sich von der EU-Kommission über den Status Quo informieren und gab der Brüsseler Behörde „politische Leitlinien für den von der EU in diesen laufenden Verhandlungen einzunehmenden Standpunkt vor“. Voraussichtlich bei seiner Tagung am 13. und 14. Dezember werden die Quoten für das kommende Jahr in allen europäischen Meeren beschlossen (Grafik zu den Fangquoten mit Großbritannien)

BUND-Forderungen zu den geplanten Nordsee-Fangquoten 2022

Der BUND protestierte am Montag gegen den „Kabeljau-Skandal“ und forderte außerdem „Solidarität für den Hering und die Kleinfischerei in der Ostsee“. Die Organisation begleitet die seit Ende Oktober 2021 stattfindenden Verhandlungen von EU, Vereinigtem Königreich und Norwegen über die Fangquoten für Fischbestände im Nordostatlantik – insgesamt 170 Fangquoten von Grönland bis zur Algarve. Der BUND fordert, die Überfischung endlich zu stoppen, denn für die Fische in der Nordsee sieht es nicht gut aus: Im Jahr 2020 seien 48 Prozent der Bestände überfischt gewesen, von 28 Fischbeständen mit ausreichender Datengrundlage für eine Bewertung hätten nur 4 Bestände eine gesunde Bestandsgröße gehabt. Der BUND forderte:

  • Alle Fangquoten müssen nach den wissenschaftlichen Empfehlungen des ICES festgelegt werden.
  • Bei besonders gefährdeten Beständen, wie dem Nordsee-Kabeljau, müssen zusätzliche Vorsorge-Puffer in die Fangquoten eingerechnet werden, die Beifänge und illegale Rückwürfe, sowie Auswirkungen der Klimakrise einbeziehen.
  • Der Heringsfang muss zeitlich begrenzt vor der norwegischen Küste geschlossen werden, um den Ostsee-Hering im Durchmischungsgebiet zu schützen.
  • Fischerei und ihre Fangmethoden müssen einer Umweltprüfung unterzogen werden, die neben Auswirkungen auf Lebensräume und Artengemeinschaften auch Klimafolgen einbezieht.

NABU: Marine Kohlenstoffspeicherung funktioniert nur in gesunden Ökosystemen

Der NABU fordert nach der UN-Klimakonferenz in Glasgow, bei der Meere neben den Wäldern als natürliche Kohlenstoffsenken im Zentrum standen, dass der Schutz von Biodiversität und Klima auch im Koalitionsvertrag der künftigen Bundesregierung Hand in Hand gehen muss. Die Organisation forderte einen Blue Deal in der Meerespolitik und einen ambitionierten Meeresschutz besonders in Schutzgebieten. Leider habe sich Deutschland nicht am „Ocean Panel“ beteiligt, einem Verbund von Staaten, die den Schutz der Meere und eine nachhaltige maritime Wirtschaft ins Zentrum ihrer Klimaschutzbemühungen rücken wollen. Salzwiesen und Seegraswiesen seien beispielsweise „die effektivsten Kohlenstoffsenken, die wir kennen“, so der NABU mit Verweis auf eine britische Studie. [jg]

Pro Wildlife: Brüssel pocht weiter auf Fang des bedrohten und geschützten Makohais

Ergebnisse der Ratssitzung am 15. November

sowie Hintergrundseite über die gemeinsam von EU und UK befischten Gebiete

BUND: Nordsee-Fangquoten 2022: Kabeljau-Skandal und Solidarität für den Hering

NABU: Gesunde Meere als Verbündete in der Klimakrise

Elektronische Fischereitechnologien

Am 11. November hat der Fischereiausschuss im EU-Parlament einen Workshop zu elektronischen Fischereitechnologien (ET) abgehalten. Diese unterstützen seit einiger Zeit Fischereimanagement, Fischereikontrolle und Fischereiwissenschaft sowie die Fischereibetriebe. Bestehende Anwendungen von ET-Systemen für die europäische Fischerei wurden unter drei verschiedenen Gesichtspunkten diskutiert: Systeme zur Übertragung von Positionsdaten, elektronische Überwachungssysteme und Systeme, die für kleine Fischereifahrzeuge geeignet sind. Weiterlesen

Statistisches zum EU-Fischmarkt

Wie die Corona-Pandemie sich auf Fischereierzeugnisse und Aquakulturprodukte ausgewirkt hat, kann man im Newsletter von EUMOFA nachlesen. Auch die Verzehrmengen wichtiger Arten wie Lachs, Thunfisch oder Makrele und deren Marktdynamik lässt sich nachlesen. Weiterlesen

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