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Studie: Kollektives Versagen beim Schutz von Fließgewässern
EU-News | 10.06.2021
#Wasser und Meere #Landwirtschaft und Gentechnik

Studie: Kollektives Versagen beim Schutz von Fließgewässern

Rubrik_Wasser___Meere_Fluss
c. pixabay

Laut einer Studie des WWF und des Bündnisses Living Rivers werden 11 von 13 untersuchten Flusseinzugsgebieten in verschiedenen EU-Ländern wohl auch 2027 noch in einem schlechten Zustand sein. Diese Länder dürften das rechtlich bindende EU-Ziel in der Wasserrrahmenrichtline (WRRL) verfehlen, Europas Gewässer ausreichend zu schützen, wenn sie mit ihren Managementplänen für den dritten Zyklus im Rahmen der WRRL (2022-2027) nicht radikal umsteuern. Allein Finnland könnte bis 2027 soweit sein.

Fast die Hälfte der Wasserqualitäts-Indikatoren in den untersuchten Entwürfen für das Management von Flussgebieten konnte nur mit "mangelhaft" bewertet werden. Beeinträchtigungen durch Schifffahrt, für Fische undurchlässige Staudämme und -wehre, Verschmutzung, übermäßige Wasserentnahme, schlechtes Hochwasser- und Dürremanagement sowie Grundwasserentnahmen beim Kohleabbau werden absehbar nicht behoben.

Wasserpolitikexpertin Claire Baffert vom WWF-Europabüro sagte: "Wir befinden uns jetzt im Endspurt zur Frist 2027 und die EU-Länder sind immer noch auf dem falschen Weg. Es ist ein Skandal zu sehen, dass nach mehr als 20 Jahren Arbeit unter der WRRL viele der europäischen Flusseinzugsgebiete nicht nachhaltig bewirtschaftet werden. Wenn die EU-Länder in ihren Plänen nicht drastisch die Richtung ändern, rasen viele von ihnen geradewegs auf einen Bruch des EU-Rechts zu."

Die Mitgliedstaaten haben nur noch sechs Monate Zeit, um ihre Flussgebietsmanagementpläne für die nächsten sechs Jahre fertigzustellen, wie es das EU-Recht vorschreibt. Die Entwürfe für die Jahre 2022-2027 sind die dritte Runde der nationalen Pläne und "Europas letzte Chance, die Dinge richtig zu machen", so der WWF.

Living Rivers Europe ist ein Zusammenschluss von fünf Umwelt- und Anglerorganisationen: das europäische Netzwerk des WWF, die European Anglers Alliance, das Europäische Umweltbüro (EEB), das European Rivers Network, The Nature Conservancy und Wetlands International. Eine gute Note erhielten laut deren Studie nur die Managementpläne für Kemijoki und Vuoksi in Finnland. Eine "mäßige" oder "schlechte" Bewertung erhielten:

  • Donau, Österreich
  • Schelde und Maas, Belgien
  • Rhein und Elbe in Deutschland
  • Loire-Bretagne, Frankreich
  • Italienische Ostalpen und südlicher Apennin
  • Rhein, Niederlande
  • die slowakische Donau und Weichsel
  • die Oder in Polen, Deutschland und der Tschechischen Republik.

Situation in Deutschland: Auch Rhein, Elbe und Oder bekommen schlechte Noten

Auch Deutschland dürfte das rechtlich bindende Ziel der WRRL verfehlen. Der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt kritisierte: "Deutschland nimmt die Vorgaben zum Gewässerschutz nicht ernst, wie die fehlenden finanziellen und personellen Ressourcen sowie mangelnde Umsetzung zeigen. Entscheidungsträger verstehen nicht, dass mit Flüssen, Seen und Grundwasser unsere Lebensgrundlagen geschützt werden. Stattdessen spiegeln die Planentwürfe den Widerstand gegen Veränderungen wider und verschieben wie beim Klimaschutz Maßnahmen in die Zukunft."

Der BUND will für die Entwürfe aller großen Flussgebiete in Deutschland bis zum 22. Juni Stellungnahmen abgeben. Die Unterlagen sind öffentlich einsehbar. Eine Zusammenstellung der Fristen für die Kommentierung der dritten Bewirtschaftungszyklen der zehn deutschen Flusseinzugsgebiete finden Sie hier: EU-News 06.05.2021. [jg]

WWF EU: Most of Europe’s river basins will still be unhealthy by 2027 - new report

BUND: Studie: Europas Flüssen geht es schlecht – Ziele für Gewässerschutz werden verfehlt – Auch in Deutschland droht Bruch von EU-Recht

Deutschlands Nationale Wasserstrategie

Das Bundesumweltministerium hat am 8. Juni den Entwurf einer Nationalen Wasserstrategie vorgelegt. Diese soll die natürlichen Wasserreserven Deutschlands sichern, Vorsorge gegen Wasserknappheit leisten, Nutzungskonflikten vorbeugen, sowie den Zustand der Gewässer und die Wasserqualität verbessern. Ein zugehöriges Aktionsprogramm für alle beteiligten Akteure enthält das Ziel, bis 2050 für einen nachhaltigen Umgang mit Wasser zu sorgen.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßte den Entwurf, forderte aber mehr Engagement für den Schutz von Flussauen und einen Kurswechsel in der Agrarpolitik. Die Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft (AöW) nannte ihn einen "Grundstein für einen guten Zustand der Gewässer", es bleibe aber offen, "inwieweit die Nationale Wasserstrategie von den zukünftigen Bundesregierungen mitgetragen wird". Der NABU nannte ihn eine "ambitionierte Strategie, die schnell umgesetzt werden muss".

IGB: Klimawandel gefährdet das Leben in Seen

Die globale Erwärmung erhöht die Temperaturen von Seen weltweit. Eine Forschungsgruppe unter Leitung des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) hat die langfristigen Temperaturveränderungen in 139 Seen weltweit quantifiziert und damit rund 69 Prozent des Volumens der Süßwasserlebensräume der Erde abgedeckt. Die Seen zeigten eine deutliche Verschiebung der Temperaturlebensräume, die einzelne Arten zum Überleben benötigten. Erwärmten sich die Seen, müssen Arten in andere Tiefen ausweichen oder ihr jahreszeitliches Auftreten umstellen, um ihren Ansprüchen an die Temperatur gerecht zu werden, so das IGB. Nicht alle dürften in der Lage sein, diesen Wechsel zu vollziehen, warnten die Wissenschaftler*innen. Weiterlesen

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