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Curioso Kinderlabor: Von Natur aus neugierig
News | 04.06.2024
# sozial-ökologische Transformation #Biodiversität und Naturschutz #Politik und Gesellschaft

Curioso Kinderlabor: Von Natur aus neugierig

Kinder erkunden Natur
© Unsplash/Xavi Cabrera
Kinder erkunden die Natur

Haben Insekten Gefühle? Warum liegt so viel Müll herum? Und was ist Photosynthese? Im Kinderlabor Curioso in Berlin-Kreuzberg können Kita- und Grundschulkinder spielerisch die Umwelt erfahren. Wie das mitten in der Stadt gelingt, erklärt Curioso-Leiterin Sandra Kabisch.

Interview

Sie haben 2011 das Kinderlabor mitgegründet. Gibt es eine Frage eines Kindes, die Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben ist?

Die Kinder überraschen mich jeden Tag mit ihren Fragen. Besonders erinnere ich mich an einen Jungen, der alles über Photosynthese wissen wollte. Mit vier! Da arbeiten wir dann mit einfachen Worten und Vergleichen. Oder wir nutzen verschiedene Materialien, zum Beispiel zum Mischen. So haben die Kinder ein Bild vom Ineinanderfließen und Wandel. Bei Zersetzungsprozessen können wir super mit Lego arbeiten und zeigen, wie etwas Neues aus einer Form entsteht. Unser Hauptansatzpunkt ist, dass die Kinder die Naturphänomene mit vielen Sinnen in der tatsächlichen Bedeutung des Wortes „begreifen“.

Gibt es in den letzten Jahren Interessenverschiebungen bei den Kindern?

Wir machen die Erfahrung, dass Themen wie Klimawandel und Erderwärmung vermehrt von den Kindern wahrgenommen und auch von den Familien angesprochen werden. Auch die Vermüllung beschäftigt viele Kinder. Kürzlich wollten wir auf dem Tempelhofer Flugfeld nach Insekten suchen, aber dann haben die Kinder all den Müll gesammelt, der dort lag. Sie hatten die Idee Fotos zu machen und haben daraus eine kleine Präsentation zu Müll und Recycling gemacht. Kinder möchten etwas verändern und das wollen wir mit Curioso unterstützen. Zum Beispiel mit unseren Upcycling-Projekten.

Das Kinderlabor liegt in der Innenstadt. Was sind die Herausforderungen mit Stadtkindern?

Wir haben natürlich viel mit Müll, Hundekot und Drogen zu tun. Aber das darf uns nicht davon abhalten, die Stadtnatur zu erkunden. Auch hier tauchen die Kinder schnell in die Natur ein. Wir arbeiten viel mit Spielen oder Sinnen, indem wir einen Sinn besonders ins Zentrum rücken oder ausblenden. Das klappt auch in der Stadt. Und es gibt tolle Gebiete, die wir dank unserer Kooperationspartner nutzen können, zum Beispiel einen Kinderbauernhof oder einen Gemeinschaftsgarten. Manchmal ist es aber auch nur der Hinterhof, in dem sich eine Oase auftut. Es ist nicht selbstverständlich für alle Familien, mit den Kindern Zeit draußen zu verbringen, umso wichtiger wird das Kinderlabor. Gerade außerschulisch gibt es zu wenig Angebote, mit Kindern rauszugehen.

Sandra Kabisch
Bei Kindern ist die Neugier noch ungefiltert, ihre Wahrnehmung entspricht einer Rundumleuchte, die in alle Richtungen strahlt.
Sandra Kabisch, Kinderlabor Curioso
Leiterin

Curioso trägt es schon im Namen: Ist Neugier Ihr Leitprinzip?

Absolut, die Kinder entdecken durch ihre Neugier viel selbst. Bei Kindern ist sie noch ungefiltert, ihre Wahrnehmung entspricht einer Rundumleuchte, die in alle Richtungen strahlt. Wir beantworten keine Fragen, die die Kinder gar nicht stellen, sondern die Fragen ergeben sich aus dem Erleben und Entdecken. Die Kinder finden dann die Antworten mit uns heraus. Eine Studentin nannte das Kinderlabor einmal „den Ort, an dem die Motivation repariert wird“.

Was möchten Sie mit dem Kinderlabor erreichen?

Unser Ziel ist, den Kindern Raum und Zeit zu geben, sich auszuprobieren und Dinge zu entdecken, die sie – und kein anderer – interessant finden und sie dann dabei zu unterstützen, dass sie ihre Fragen lösen können. Und zwar größtenteils allein. Wir möchten, dass sie Spaß am Lernen haben und es nicht schlimm ist, Fehler und Umwege zu machen. Auch das eigene Tempo und der eigene Lernstand sind okay. Jedes Kind bringt etwas mit und kann dort anknüpfen.

In der Auseinandersetzung mit der Natur stellen sich auch philosophische Fragen, zum Beispiel nach Vergänglichkeit oder nach Macht. Wie gehen Sie damit um?

Das sind Fragen, die die Naturwissenschaften natürlich schwer beantworten können. Neulich fragte ein Kind, ob Insekten Gefühle haben und ob sie sich verlieben können? Als Biologin kann ich dann etwas vom Nervensystem erzählen, aber natürlich berührt das Fragen wie „Was ist Liebe“? Ich finde es wichtig, solche Fragen für eigene Antworten offen lassen zu dürfen. Wir regen die Kinder zum Selbstdenken an.

Wie kann man mit Curioso in Kontakt treten als Kita und Schule?

Wir stehen allen offen in Kreuzberg, aber wir haben mehr Anfragen, als wir abdecken können. Und uns liegt viel an Regelmäßigkeit, damit wir mehrmals gemeinsam raus gehen können. So können wir Veränderungen draußen bemerken und ein Grundverständnis von Natur erarbeiten.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die Umweltbildung wünschen?

Ich würde mir wünschen, dass es in jedem Bezirk mindestens ein Umweltzentrum gibt, das auch ausreichend finanziert ist. Leider gibt es viele Orte und Projekte, die am Geld scheitern. In Berlin ist durchaus viel Positives passiert, aber der Bedarf ist überhaupt nicht gedeckt, das passt nicht zusammen mit Chancen- und Bildungsgleichheit. Den größten Teil unserer Arbeit finanziert das Jugendamt und die Senatsverwaltung für Umwelt, aber man kann uns auch gerne mit Spenden unterstützen.

[Interview: Adréana Hess]

Die Interviewpartnerin

Sandra Kabisch ist Diplom-Biologin und studierte Umweltmanagement. 2011 gründete sie das Kinderlabor Curioso mit, das sie seither leitet. Hier können Kreuzberger Kitas und Grundschulen Naturwissenschaft und Umwelt erleben und ausprobieren.

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