Den europäischen Kreislauf in Schwung bringen

Ende 2026 will die EU-Kommission ein neues Kreislaufwirtschaftsgesetz, den Circular Economy Act, vorlegen. Der Handlungsdruck bleibt hoch, denn europäische Produktion und Konsum verursachen weltweit weiterhin erhebliche Umweltschäden. Deutsche Umweltorganisationen haben eigene Ideen erarbeitet.
In den vergangenen zehn Jahren hat die EU wichtige Schritte in Richtung Kreislaufwirtschaft unternommen und zahlreiche Gesetze auf den Weg gebracht. Mit dem Clean Industrial Deal (CID) rückte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen das Thema angesichts der unsicheren Weltlage nun erneut ins Zentrum. Die EU soll laut CID bis 2030 zum Weltmarktführer für Kreislaufwirtschaft werden.. Denn eine funktionierende Kreislaufwirtschaft schont nicht nur Ressourcen, sondern stärkt auch die Widerstandskraft Europas, da sie die Abhängigkeit von schwankenden Rohstoffpreisen und anfälligen Lieferketten verringert.
Die Kommission hat angekündigt, dass sie im Gesetzesentwurf besonderes Gewicht auf den Aufbau eines Binnenmarkts für Sekundärrohstoffe – das sind Rohstoffe, die durch Aufarbeitung aus entsorgtem Material gewonnen werden – legen wird. Ziel ist es, deutlich mehr Rezyklate verfügbar zu machen und sie preislich mit Primärrohstoffen konkurrenzfähig zu halten. Dafür sind unter anderem Änderungen der Abfallrahmenrichtlinie sowie der Vorgaben für Elektro- und Elektronikaltgeräte vorgesehen. Dieser Schwerpunkt verkennt jedoch, dass es bei der Kreislaufwirtschaftsgesetzgebung einigen Nachholbedarf gibt. Die deutschen Umweltverbände erarbeiten derzeit ein Positionspapier, in dem sie folgende Forderungen erheben:
Die Abfallhierarchie konsequent umsetzen
Ein genauer Blick auf die Kreislaufwirtschaftspolitik zeigt: Die EU hat sich dem Abfall- und Altstoffmanagement bereits umfassend gewidmet. Zu kurz kommen jedoch jene Ansätze an der Spitze der Abfallhierarchie, die auf echte Vermeidung setzen – etwa Rethink, Reduce oder Refuse. Dabei bieten gerade sie die größten Hebel, um Ressourcenverbrauch und Umweltbelastungen nachhaltig zu senken. Deshalb fordern die deutschen Umweltverbände die EU-Kommission auf, analog zu den europäischen Klimaschutzzielen Ziele für den Primärrohstoffverbrauch pro Kopf und pro Jahr festzulegen, um den Material-Fußabdruck so schnell wie möglich auf ein Niveau zu senken, das innerhalb der planetaren Grenzen liegt.
Der Circular Economy Act sollte außerdem stärker auf Strategien wie Reuse, Repair, Refurbish und Remanufacture setzen. Um innovative, zirkuläre Geschäftsmodelle in diesen Bereichen in größerem Maßstab zu etablieren, gilt es vor allem, bestehende regulatorische Hürden konsequent abzubauen.

Steuern und Finanzierung an die Ziele anpassen
Mit dem Circular Economy Act sollen ressourcenschonende Produktions- und Konsummuster finanziell attraktiver werden. Wer repariert, spart Ressourcen – also warum nicht auch Steuern? Reparatur- und Wiederverwendungsdienste könnten zukünftig steuerlich begünstigt, Praktiken wie Deponien oder Müllverbrennung entsprechend ihrer Klimaschädlichkeit hingegen benachteiligt werden. Für die Transformation zur Kreislaufwirtschaft braucht Europa außerdem mehr Geld im Europäischen Haushalt und neue Finanzierungsinstrumente. Viele zirkuläre Geschäftsmodelle rechnen sich erst nach einigen Jahren – und genau das bremst ihren Durchbruch. Damit gute Ideen schneller wachsen können, braucht es gezielte Förderung für eine konsequente Skalierung erfolgreicher Projekte.
Hersteller in die Pflicht
Produzenten sollen mehr Verantwortung für das übernehmen, was sie in Umlauf bringen. Die Idee hat sich über das Prinzip der erweiterten Herstellerverantwortung in der EU bereits gut etabliert, das System wird aber in den EU-Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich umgesetzt. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz sollte diese Verantwortung EU-weit einheitlich regeln. Zum Beispiel sollte es für alle Hersteller verpflichtend werden, sich an den Rücknahmesystemen zu beteiligen. Einheitliche Beiträge und klare Sorgfalts- sowie Prüfpflichten für Online-Marktplätze sind ebenfalls überfällig. Bei Elektrogeräten braucht es verbindliche Quoten für die Sammlung, das Recycling und die Vorbereitung zur Wiederverwendung. Allgemeine Zielvorgaben reichen nicht aus, wie das Beispiel Deutschland zeigt: Dem Portal Statista zufolge beträgt die aktuelle Sammelquote lediglich rund 30 Prozent, obwohl das EU-Ziel bei 65 Prozent liegt. Ohne klare gesetzliche Verpflichtungen, die für die Hersteller verbindlich gelten, bleiben die bestehenden Ziele weitgehend wirkungslos.
Rezyklate mit Qualität
Aus Abfall Neues machen, ist nur eine gute Idee, solange das Material sicher und hochwertig ist. Anreize für die Verwendung von hochwertigen Rezyklaten, und strenge Kontrollen könnten hier den Unterschied machen. Ergänzend muss das EU-Chemikalienrecht (REACH) reformiert werden damit weniger Schadstoffe im Kreislauf landen. Ein wichtiger Schwerpunkt für den Einsatz von Rezyklaten sollte der Bausektor sein, für den bislang keine verbindlichen Zielvorgaben existieren. Dafür kämen vor allem Ziele für Materialien wie Kunststoffe, Stahl, Aluminium, Kupfer und kritische Rohstoffe infrage.
Die Autorin
Mateja Kahmann ist Projektreferentin für deutsche und europäische Kreislaufwirtschaftspolitik beim DNR.