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Enges Wirtschaftsdenken schädigt Biodiversität
EU-News | 14.07.2022
#Biodiversität und Naturschutz #Wirtschaft

Enges Wirtschaftsdenken schädigt Biodiversität

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c. pixabay

Der Weltbiodiverstitätsrat hat in Bonn getagt und unter anderem zwei neue Berichte verabschiedet. Einer besagt, dass ein zu enger Fokus auf den wirtschaftlichen Wert von Natur die globale Biodiversitätskrise befeuert. Der andere zeigt, wie sehr Menschen weltweit von wildlebenden Arten abhängig sind.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke sagte: „Die Krise des Artenaussterbens ist neben der Klimakrise die zweite zentrale Bedrohung unserer natürlichen Lebengrundlagen. Die Empfehlungen des Weltbiodiversitätsrates IPBES zum Umgang mit der Natur sind daher immens wichtig, um gezielt an den Ursachen der Biodiversitätskrise anzusetzen." In einer gemeinsamen Pressemitteilung mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Stadt Bonn forderte das Umweltministerium, dass die Übernutzung wildlebender Arten gestoppt werden muss.

Die EU-Kommission hatte kürzlich ihr lang erwartetes Wiederherstellungsgesetz (EU Restoration Law) vorgestellt, da auch in Europa dringend etwas gegen Artenschwund und Bodendegradation getan werden muss (EU-News 07.07.2022). Die Organisation Green Finance Observatory kritisierte allerdings am Mittwoch, dass der Entwurf „diskret die Finanzierung der Zerstörung von biologischer Vielfalt befördere”. Auch auf EU-Ebene gibt es also noch viel zu tun, auch wenn die EU-Kommission in dieser Woche ein neues Statistiksystem über Ökosysteme, Wälder und Umweltsubventionen vorgeschlagen hat, das bei der Überwachung der EU-Klimaziele helfen soll.

Die Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES) – oder kurz: der Weltbiodiversitätsrat – traf vom 3. bis 9. Juli in Bonn zusammen. Dabei nahmen die 139 IPBES-Mitgliedstaaten zwei Bewertungsberichte an.

„Entscheidungen auf Basis enge Marktwerte der Natur sind die Grundlage der globalen Biodiversitätskrise“

Marktorientierte, instrumentelle Naturwerte spiegeln nicht angemessen wider, wie sich Veränderungen in der Natur auf die Lebensqualität der Menschen auswirken. Das ist dem Assessment Report on the Diverse Values and Valuation of Nature („Wertebewertung“) zu entnehmen. Die Art und Weise, wie die Natur bei politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen bewertet werde, sei sowohl ein Hauptgrund für die weltweite Krise der biologischen Vielfalt als auch eine entscheidende Chance, diese zu bewältigen. Der Schwerpunkt liege weltweit auf kurzfristigen Gewinnen und wirtschaftlichem Wachstum, was die Berücksichtigung der vielfältigen Werte der Natur bei politischen Entscheidungen oft ausschließe, so das Wissenschaftsgremium. Inzwischen gebe es aber mehr als 50 Bewertungsmethoden und -ansätze, um die Werte der Natur anderweitig sichtbar zu machen. Bei der Politikgestaltung würden bisher die vielen nicht-marktbezogenen Werte übersehen, die mit den Beiträgen der Natur für die Menschen verbunden sind, wie beispielsweise Klimaregulierung und kulturelle Identität. Darüber hinaus gebe es „Machtasymmetrien“ bei der Einbeziehung von Betroffenen von Naturbewertungen.

„50.000 wildlebende Arten decken den Bedarf von Milliarden Menschen weltweit“

Jeder fünfte Mensch ist für sein Einkommen und seine Ernährung auf wild lebende Arten angewiesen. Mehr als 10.000 Wildarten werden für die menschliche Ernährung geerntet. Eine von drei Personen, das sind 2,4 Milliarden Menschen, ist auf Brennholz zum Kochen angewiesen. Das ist der jüngsten Bewertung des Weltbiodiversitätsrat zu nachhaltgier Nutzung der Natur zu entnehmen.

Laut IPBES Sustainable Use Assessment profitierten täglich Milliarden von Menschen in Industrie- und Entwicklungsländern von der Nutzung wildlebender Arten für Nahrung, Energie, Materialien, Medizin, Erholung, Inspiration und viele andere lebenswichtige Beiträge zum menschlichen Wohlbefinden. Die sich beschleunigende globale Krise der biologischen Vielfalt, bei der eine Million Pflanzen- und Tierarten vom Aussterben bedroht sind, bedrohe diese Beiträge für die Menschen, so der IPBES. Eine nachhaltige Nutzung liege erst dann vor, wenn die biologische Vielfalt und die Funktionsweise des Ökosystems erhalten blieben. [jg]

Offizielle IPBES-Seite zum 9. Treffen

Media Release: IPBES Values Assessment - Decisions Based on Narrow Set of Market Values of Nature Underpin the Global Biodiversity Crisis

Media Release: IPBES Sustainable Use Assessment - 50,000 Wild Species Meet Needs of Billions Worldwide

BMUV: Weltbiodiversitätsrat: Übernutzung wilder Arten stoppen – Schutz der Natur stärker berücksichtigen

CITES will Artenliste erweitern

Für das 19. Treffen der Vertragsstaaten des Washingtoner Artenschutzabkommens CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) laufen die Vorbereitungen. Vom 14. bis 25. November 2022 wird in Panama-Stadt unter anderem über eine Erweiterung der Anhänge zum Abkommen gesprochen. Eine Liste für weitere Tier- und Pflanzenarten, die den Schutzstatus erhalten sollen, hat das zuständige Sekretariat veröffentlicht.

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