GAP und MFR: Zahlreiche Verbände fordern Neuausrichtung

Die nächste Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) steht an. Zahlreiche Organisationen drängen auf eine bessere Verwendung der Agrar-Gelder für Umwelt, Natur und Tierwohl. Die Zeit pauschaler Flächenprämien sei vorbei.
Während die Verhandlungen um die zukünftige Ausrichtung der europäischen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) intensiv laufen, hat die EU-Kommission für den 8. Mai nach Brüssel zur Konferenz über die Vision für Landwirtschaft und Ernährung geladen. Unter dem Titel „Die Zukunft der Landwirtschaft und des Agrar- und Ernährungssektors gestalten“ soll dort über die Vision diskutiert werden, die am 19. Februar von Agrarkommissar Hansen veröffentlicht (EU-News vom 21.02.2025) wurde und auf dem Bericht des Strategischen Dialogs zur Zukunft der EU-Landwirtschaft aufbaut (EU-News vom 05.09.2024). Auch die künftige Ausrichtung der GAP nach 2027 steht im Fokus der Gespräche.
Vor der Konferenz veröffentlichten am 7. Mai zahlreiche Organisationen aus Landwirtschaft, Umwelt-, Tier- und Naturschutz sowie Entwicklungspolitik und Verbraucherschutz, eine gemeinsame Stellungnahme mit dem Titel: Gemeinsam Qualitätsproduktion wettbewerbsfähig machen – Ernährung krisenfest sichern! Darin positionieren sie sich zu den Vorschlägen zum Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der EU und der Agrar-Vision der Kommission. Zu dem breiten Bündnis der mitzeichnenden 38 Verbände zählen etwa die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Bioland und die katholische Landvolkbewegung sowie BUND, NABU, Greenpeace, der deutsche Tierschutzbund und der DNR. Bereits im November 2023 hatten die Organisationen, die in der Verbände-Plattform zur GAP organisiert sind, eigene umfassende Vorschläge zur Weiterentwicklung der GAP nach 2027 vorgelegt.
Honorierung von Umweltleistung statt Basisprämie
In dem nun veröffentlichten Papier begrüßen die Verbände den Ansatz, die Agrarpolitik stärker „leistungsorientiert“ auszurichten und betonen, dass die GAP viel stärker zur Lösung der ökologischen, sozialen und tierschutzbezogenen Herausforderungen der EU genutzt werden müsse. Eine Neuausrichtung der Verteilung der Agrar-Mittel sei notwendiger denn je. Europa solle dabei als gemeinsamer Akteur in der Agrarpolitik gestärkt werden und die EU-Kommission müsse den Mitgliedstaaten auch in Zukunft klare Vorgaben für die Verwendung der öffentlichen Gelder „im Sinne des Umwelt-, Klima- und Tierschutzes sowie der sozialen Gerechtigkeit und wirtschaftlichen Stabilität machen“. Einer Verlagerung von mehr Befugnissen bei der Verteilung der Gelder auf die EU-Mitgliedstaaten stehen die Verbände eher kritisch gegenüber. In der von der Kommission vorgeschlagenen Flexibilisierung und „Re-Nationalisierung“ liege auch eine große Gefahr für „drohende Fehlentwicklungen“ und einen „Flickenteppich an Regelungen“.
Bei der Neuausrichtung der GAP sei ein ansteigendes Ambitionsniveau dringend nötig. Konkret bedeute dies ein höheres Budget für Umweltmaßnahmen: für sogenannte Öko-Regelungen und Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM). Außerdem müsse ein eigenständiges und hohes Budget für die ländliche Entwicklung sichergestellt werden. Diese wird, ebenso wie die AUKM, in der aktuellen Struktur aus der sogenannten „zweiten Säule“, dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), finanziert. Doch noch ist offen, ob die Kommission die etablierte Struktur nach erster und zweiter Säule erhalten wird.
Umweltstandards erhalten
Die Verbände fordern zudem, dass ein eigenständiges GAP-Budget im aktuellen Umfang beibehalten werden müsse. Die Mittel sollten jedoch „zwingend gezielter und wirksamer“ für Natur und Umwelt sowie soziale Herausforderungen des Sektors eingesetzt werden. Die Prämienhöhen für Öko-Regelungen und AUKM sollten dafür „einkommenswirksam“ ausgestaltet werden und „agrarstrukturelle, sozioökonomische und standortspezifische Gesichtspunkte“ berücksichtigen. Die EU-Kommission müsse zudem zentrale Grundanforderungen (der sogenannten Konditionalität) für den Erhalt von Fördermitteln beibehalten. Dies betreffe mindestens die Einhaltung einer „Mindestfruchtfolge, den Erhalt von Dauergrünland, die Bereitstellung nicht-produktiver Flächen, den Schutz von Mooren und Feuchtgebieten sowie die Vorgaben der aktuellen sozialen Konditionalität.“ Doch bereits für Mitte Mai hat die Kommission weitere „Vereinfachungen“ bei der Konditionalität angekündigt.
Bürokratieabbau nicht zu Lasten der Natur
Auch das in den aktuellen Agrar-Diskussionen häufig genutzte Schlagwort „Bürokratieabbau“ wird in der Stellungnahme adressiert. Dieser müsse grundsätzlich ohne den Abbau von ökologischen, sozialen und Tierschutzstandards erfolgen. Die Antragsstellung für die Agrarmittel solle jedoch vereinfacht, Förderangebote besser aufeinander abgestimmt werden. Die Umsetzung besonders vieler Förderangebote müsse sich auch wirtschaftlich rechnen, anstatt den „bürokratischen Aufwand überproportional zu erhöhen“. Darüber hinaus müsse ein „Marktkrisen-Frühwarnsystem“ etabliert und für bestimmte Lebensmittel (wie Milch) „verbindliche schriftliche Lieferverträge“ vorgeschrieben werden. Der anstehende Generationenwechsel in der Landwirtschaft solle mit Maßnahmen wie einer „konzeptbasierten Existenzgründungsprämie“ begleitet sowie „zinsfreie Bürgschaftsprogramme“ angeboten werden.
Qualität statt Masse und faire Preise
Die Investitionsförderung der Tierhaltung solle auf eine „besonders artgerechte und umweltverträgliche Tierhaltung“ ausgerichtet und in der künftigen Förderung auch die Bezugsgröße „Großvieheinheit“ berücksichtigt werden. Für Lebensmittel und deren Erzeugung wird zudem eine verbindliche Kennzeichnung gefordert: Für Produkte tierischen Ursprungs müsse ein europäisches Tierschutzlabel eingeführt werden. Die Verbände fordern zudem, dass die Kommission in Handelspolitik und Handelsabkommen absichern müsse, dass die ökologischen und sozialen Standards der EU eingehalten werden und sich die Einkommenssituation für Betriebe in Europe und den Handelspartnerländern verbessere. Für Importe tierischer Produkte müsse zudem sichergestellt werden, dass sie „unter Bedingungen produziert wurden, die den europäischen Tierschutzstandards gleichwertig sind“. [bp]
Aktuelle Stellungnahme der Verbände-Plattform
Sämtliche Stellungnahmen der Verbände-Plattform
Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL)