Ernährung sichern durch klimaresistente Landwirtschaft

Im März, April und Mai fiel in Deutschland so wenig Regen wie noch nie seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die alarmierenden Meldungen der Metereolog*innen sollten die Politik schleunigst zum Handeln bewegen. Sonst ist die Zukunft der Landwirtschaft und damit unsere Sicherheit bei der Lebensmittelversorgung in Gefahr, sagt Greenpeace-Agrarexperte Matthias Lambrecht.
Der Regen der letzten Maitage ist ein kleiner Segen – er kann aber die langanhaltende Rekordtrockenheit des Frühjahrs nicht mehr ausgleichen. Nicht auszuschließen, dass auf den trockenen Frühling ein weiterer Dürresommer folgt. In Regionen mit anhaltender Trockenheit, etwa in Brandenburg, wachsen in der Landwirtschaft die Sorgen um die nächste Ernte.
Es sind die Folgen der Klimakrise, die auch die Wälder in Deutschland gefährden. Regenarme und heiße Sommerwochen schwächen die Bäume und führen immer häufiger zu großflächigem Befall von Schädlingen wie Borkenkäfern, die etwa im Harz ganze Bergzüge kahlgefressen haben. Zudem steigt die Gefahr von Waldbränden. Es drohen ökologische, aber auch wirtschaftliche Schäden, die besonders die bäuerliche Landwirtschaft betreffen. Damit wachsen die Risiken, die unsere sichere Versorgung mit Lebensmitteln und damit unseren Wohlstand gefährden.
Es gäbe also einiges zu tun für eine Bundesregierung, die dem Wohle der Menschen in diesem Land verpflichtet ist. Und für Parteien, die sich gern mit besonderem Engagement für die Interessen der Landwirt*innen profilieren, müsste eigentlich der Schutz der Höfe vor Dürre und Extremwettern, die zunehmend bäuerliche Existenzen bedrohen, höchste Priorität genießen.
Unentschlossenheit der Politik gräbt dem Boden das Wasser ab
Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung steht davon aber kaum ein Wort. Wasserknappheit und Dürre sind für die Regierung Merz nicht mehr als ein Randthema, das mit ein paar Allgemeinplätzen und matten Absichtserklärungen abgehandelt wird. Man wolle die „blau-grüne Infrastruktur“, den Wasserrückhalt in der Fläche und die Grundwasserneubildung fördern. Die bessere Finanzierung von notwendigen Infrastrukturmaßnahmen solle geprüft werden, heißt es weiter. Aber diese Vereinbarung steht – wie vieles in diesem Vertrag – unter Finanzierungsvorbehalt.
Dabei kann nur entschlossenes Handeln die Verschärfung der Klimakrise verhindern und unsere Lebensgrundlagen vor den Folgen der Klimakrise schützen – und so auch die öffentlichen Haushalte und die Privatwirtschaft vor finanziellen Lasten bewahren. Diese fallen weitaus höher aus als die Aufwendungen für Klimaschutz und Klimaanpassung. Allein in den Dürrejahren 2018 und 2019 addierten sich hierzulande die volkswirtschaftlichen Schäden auf knapp 35 Milliarden Euro – für das noch von der Ampel beschlossene „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“ stehen dagegen von 2024 bis 2028 gerade einmal 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung.

Doch während die Metereolog*innen für Deutschland den gravierendsten Mangel an Regen seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in den Monaten März, April und Mai vermelden, gibt sich die neue Koalition in Berlin unbeeindruckt und feiert lieber die Rückkehr zu einer Agrarpolitik von gestern. Mit populistischem Politgeklingel wird die Amtszeit von Alois Rainer (CSU) an der Spitze des Ernährungs- und Landwirtschaftsministeriums eingeläutet. Eine wissenschaftsbasierte und zukunftsgerechte Politik, die mit Aufklärung und Anreizen zu einer gesunden Ernährung auf einem gesunden Planeten animieren will, wird von Rainers Parteichef Markus Söder ideologisch als „Tofu-Tümelei“ verunglimpft.
Und als erste Priorität gilt die Wiedereinführung der Steuersubventionen für Agrardiesel. Die würde die Gemeinschaft der Steuerzahlenden rund 400 Millionen Euro im Jahr kosten. Und es würden Anreize genommen, fossil betriebene Landmaschinen möglichst effizient einzusetzen, statt das Engagement bäuerlicher Betriebe für mehr Klimaschutz zu belohnen und innovative Antriebstechnik zu fördern.
Und damit nicht genug: Laut Koalitionsvertrag soll die Landwirtschaft vom ab 2027 anlaufenden EU-Emissionshandelssystem ausgenommen werden. Das stände nicht nur im krassen Widerspruch zur Klimapolitik der Union, die vor allem auf eine Bepreisung der Treibhausgasemissionen setzt, um Anreize zu klimaschonendem Wirtschaften zu bieten. Es würden damit auch weitere hunderte Millionen Euro jährliche Einnahmen in den öffentlichen Haushalten fehlen, die besser eingesetzt wären, um die Klimakrise abzumildern und nicht zuletzt die Landwirtschaft vor den Folgen der Erderwärmung zu schützen.
Besser eine Bewirtschaftung fördern, die widerstandsfähig gegenüber Dürre und Starkregen ist
Denn gerade die bäuerlichen Betriebe stehen in den kommenden Jahren vor gewaltigen Herausforderungen, die sie ohne gesellschaftliche Unterstützung nicht bewältigen können. Die im Klimaschutzgesetz im Einklang mit den Pariser Klimazielen vorgegebene Klimaneutralität bis 2045 ist nur zu erreichen, wenn die Zahl der Tiere in der Landwirtschaft deutlich abnimmt und der Überkonsum tierischer Produkte auf ein gesundes Maß zurückgeführt wird. Nicht nur um die direkten Emissionen des hochwirksamen Klimagases Methan aus der Tierhaltung zu vermindern, sondern auch um landwirtschaftliche Flächen, die derzeit in Deutschland noch zu gut 60 Prozent zur Fütterung der Tiere gebraucht werden, effizienter und nachhaltiger zu bewirtschaften.
Mit weniger Flächenbedarf für Futtermittel können Betriebe vielfältigere Fruchtfolgen etablieren. Das Streuen des Anbaurisikos erhöht die Resilienz gegenüber unterschiedlichen Extremwetterlagen, da immer Kulturen vorhanden sind, die an die jeweilige Situation besser angepasst sind. Weniger intensive Bewirtschaftung und der Anbau vielfältiger Kulturen fördern zudem Humusaufbau und Bodenleben. Dies verbessert die Wasserspeicherfähigkeit der Böden, was sowohl bei Dürre als auch bei Starkregenereignissen hilft, Schäden zu minimieren.
Abbau der Massentierhaltung und Aufklärung der Verbraucher*innen notwendig
Der dafür unabdingbare Umbau der Tierhaltung mit dem Ziel, weniger Tiere unter tierschutzgerechten Bedingungen besser zu halten, erfordert eine gezielte öffentliche Förderung, damit die Betriebe investieren können und ihre wirtschaftliche Basis gesichert wird. Zugleich braucht es Aufklärung und Anreize für Verbraucher*innen, damit sie sich den wissenschaftlichen Empfehlungen folgend gesünder mit mehr pflanzlichen Lebensmitteln ernähren und bereit und finanziell in der Lage sind, für tierische Produkte aus besserer Haltung faire Preise zu zahlen.
In Zeiten knapper finanzieller Mittel wäre den Landwirt*innen eine Interessenvertretung zu wünschen, die sich für eine Unterstützung der Höfe einsetzt, die diesen Anforderungen gerecht wird. Eine kurzsichtige Lobbypolitik, die weiter nach fossilen Subventionen ruft und die Wiedereinführung des Agrardiesels als großen Erfolg feiert, gefährdet dagegen die Zukunft der Landwirtschaft und damit unsere Sicherheit bei der Lebensmittelversorgung.
Das könnte schließlich auch die Solidarität der Gemeinschaft der Steuerzahlenden mit den bäuerlichen Betrieben überstrapazieren – etwa wenn nach klimabedingten schlechten Ernteerträgen und Einnahmeausfällen ein Ausgleich für die Schäden gefordert wird, zum Beispiel über eine staatlich geförderte Mehrgefahrenversicherung.
Die neue Bundesregierung mit Landwirtschafts- und Ernährungsminister Alois Rainer muss jetzt zeigen, ob sie bereit ist für eine Politik, die unsere Lebensgrundlagen in der Klimakrise schützt und sich auch nachhaltig bezahlt macht – für Bäuerinnen und Bauern ebenso wie für die Steuerzahlenden und unsere Kinder und Enkel.
Der Autor
Matthias Lambrecht ist Experte für nachhaltige Landwirtschaft und politischer Berater im Team Agrarwende von Greenpeace Deutschland.