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Renaturierung: Parlament setzt „enorm wichtiges Signal in schwierigen Zeiten“
EU-News | 28.02.2024
#Biodiversität und Naturschutz #Landwirtschaft und Gentechnik

Renaturierung: Parlament setzt „enorm wichtiges Signal in schwierigen Zeiten“

Blick auf ein Moor
© Foto: AdobeStock/chesterF

Eine Zitterpartie ist beendet: Das EU-Parlament hat am 27. Februar seine formale Zustimmung zur Verordnung über die Wiederherstellung der Natur gegeben. Umweltverbände reagierten kritisch erleichtert.

Das Nature Restoration Law (NRL) hat einen weiteren Schritt vor dem Inkrafttreten genommen: Das EU-Parlament stimmte am Dienstag mehrheitlich, aber knapp, mit 329 Ja- zu 275 Nein-Stimmen bei 24 Enthaltungen für den vorher im Trilog ausgehandelten Kompromiss. Eine letzte Hürde steht aber noch aus: Der Rat muss ebenfalls noch zustimmen, normalerweise nur eine formale Entscheidung.

Das im Laufe der Verhandlungszeit bis zum Trilog massiv abgeschwächte (EU-News 10.11.2023) Gesetz besagt, dass die EU-Staaten bis 2030 mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen der EU und bis 2050 alle sanierungsbedürftigen Ökosysteme wiederherstellen sollen. Zudem müssen bis 2030 mindestens 30 Prozent der Lebensräume wie Wälder, Grünland und Feuchtgebiete bis hin zu Flüssen, Seen und Korallenriffen von schlechtem in guten Zustand versetzt werden. Bis 2040 sollen es 60, bis 2050 dann 90 Prozent sein.

Was die Wiedervernässung entwässerter Moorgebiete – eine kostenwirksame Möglichkeit zur Emissionsreduktion im Agrarbereich – angeht, müssen die Mitgliedstaaten mindestens 30 Prozent der entwässerten Moore bis 2030 wiederherstellen, wobei mindestens ein Viertel wiedervernässt werden muss. Bis 2040 sollen es 40, bis 2050 50 Prozent sein, wobei mindestens ein Drittel wiedervernässt werden muss. Die Wiedervernässung bleibt für Landwirt*innen und private Grundbesitzer*innen freiwillig. Zudem können Bestimmungen für landwirtschaftliche Ökosysteme unter außergewöhnlichen Umständen vorübergehend ausgesetzt werden.

Der Schwerpunkt liegt zunächst auf den Natura-2000-Gebieten. Sobald ein Gebiet wieder in gutem Zustand ist, müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass es zu keiner wesentlichen Verschlechterung kommt. Außerdem gilt es, nationale Sanierungspläne mit Zielen zu erstellen.

Der Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir nannte den Entschluss auf X „eine gute Nachricht“. Die Landwirtschaft hänge wie kein anderer Sektor ab von intakten Ressourcen, von stabilem Klima, gesunden Böden und reicher Artenvielfalt.

„Mehrheit der Abgeordneten blieb dem demokratischen Prozess treu“ - „jeder investierte Euro lohnt sich um ein Vielfaches“

Das Europäische Umweltbüro (EEB) begrüßte das Ergebnis und verwies auf die Forderungen von über einer Million Bürger*innen, Unternehmen, Wissenschaftler*innen und Nichtregierungsorganisationen, die sich für #RestoreNature eingesetzt hatten. „Trotz der Bemühungen in letzter Minute von rechtsextremen und konservativen Gruppen und der Desinformation durch naturfeindliche Lobbys, das Gesetz zu torpedieren, blieb die Mehrheit der Abgeordneten dem demokratischen und legislativen Prozess treu und billigte die Trilog-Vereinbarung, an deren Aushandlung sie im vergangenen Jahr beteiligt waren“, so der europäische Dachverband. Die formelle Zustimmung der Mitgliedstaaten soll nun voraussichtlich im März erfolgen. Für die aus BirdLife Europe, ClientEarth, EEB und dem WWF-Europabüro bestehende #RestoreNature-Koalition sei das NRL viel mehr als ein Gesetz zu Renaturierung. Es sei „ein Symbol dafür, dass Europa sich verpflichten kann und will, für das Überleben unseres Planeten zu kämpfen“.

Der Geschäftsführer des Deutschen Naturschutzrings, Florian Schöne, bezeichnete die Abstimmung als enorm wichtiges Signal in schwierigen Zeiten“. Das Nature Restoration Law sei „eine elementare Investition in ein lebenswertes Europa“. Auch wenn es einige starke Abschwächungen im Gesetzgebungsprozess gegeben habe, profitiere nicht nur die Umwelt von der Verordnung, sondern auch die Bevölkerung und die Wirtschaft. „Ob Trinkwasserbereitstellung, Bestäuberleistung, natürlicher Hochwasserschutz oder die Erholungsfunktion gesunder Ökosysteme: Jeder investierte Euro lohnt sich um ein Vielfaches für die Gesellschaft“, so Schöne. Nun seien die Mitgliedstaaten gefragt – aber auch die EU müsse einen ausreichenden Finanzierungsrahmen zur Umsetzung der Verordnung auf die Beine stellen. Ohne ausreichend finanzielle Anreize werde es nur schwer gelingen, gemeinsam mit den Landnutzerinnen und Landnutzern echte Fortschritte bei der Wiederherstellung unserer Ökosysteme zu erzielen.

Ähnlich reagierte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner: „Das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur ist Kernbestandteil des EU Green Deal und schützt vor der Beschleunigung der Klima- und Artenkrise unseres Planeten. Gleichzeitig bietet es unserer Landwirtschaft die ökologische wie ökonomische Grundlage.“ [jg]

 

Parlament: Ja zur Renaturierung von 20 % der Land- und Meeresflächen der EU

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