Kontroverser Drehtür-Effekt von Ex-Kommissionspräsident Barroso
Wie die Allianz für Lobbytransparenz und Ethikregeln (ALTER-EU) am Dienstag mitteilte, bestätigte Jyrki Katainen, Vizepräsident der EU-Kommission, in einem Brief an Corporate Europe Observatory (CEO) ein Lobbytreffen mit José Manuel Barroso in dessen Funktion als Berater für die Investmentbank Goldman Sachs.
Das Treffen fand im Oktober 2017 in einem Hotel in Brüssel statt. Beide hätten die Themen Handel und Verteidigung besprochen. Protokolle gäbe es nicht. Katainen ist seit 2014 Kommissar für Arbeitsplätze, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit. Barroso war von 2004 bis 2014 Präsident der Europäischen Kommission. 2016 wechselte er zu Goldman Sachs.
ALTER-EU nahm den Vorgang zum Anlass und reichte Beschwerde bei der Kommission ein. Darin fordert die Allianz die Kommission dazu auf, den Fall Barroso erneut zu überprüfen. Denn er habe sein für die Genehmigung des Seitenwechsels zentrales Versprechen – keine Lobbyarbeit für Goldman Sachs zu betreiben – gebrochen. Damit sei das Urteil des Ethik-Komitees der EU-Kommission von 2016 hinfällig.
Auch solle die Kommission den gerade verabschiedeten Verhaltenskodex für EU-Kommissare erneut überarbeiten (EU-News vom 31.01.2018). Insbesondere bleibe das Ethik-Komitee, das Seitenwechsel überprüfen soll, ein zentraler Schwachpunkt. Es habe zwar einen neuen Namen und etwas mehr Kompetenzen als zuvor – trotzdem bleibe es gemessen an der Brisanz seiner Entscheidungen viel zu schwach. ALTER-EU erklärte weiter, dass die EU-Kommission es mit erfahrenem Personal aus den EU-Institutionen besetze. Dagmar Roth-Behrendt etwa ist Sonderberaterin des EU-Gesundheitskommissars Andriukaitis. Die in solchen Tätigkeiten entstehende Loyalität steht im Widerspruch zur nötigen Unabhängigkeit eines solchen Gremiums.
Für Margarida Silva des ALTER-EU-Mitglieds Corporate Europe Observatory (CEO) deute Katainens Brief ausdrücklich darauf hin, dass Barroso seine privilegierte Position ausnutzte, um für Goldman Sachs Lobbyarbeit bei der EU-Kommission zu betreiben.
Myriam Douo von Friends of the Earth Europe warnte, dass ein solches Verhalten die Demokratie untergrabe und Misstrauen gegenüber EU-Institutionen weiter schüre. [aw]