Abstimmung im EU-Parlament: Altkleider, Lebensmittelabfälle und Fahrzeuge

Das EU-Parlament hat am 10. September über neue EU-Vorschriften zur Reduzierung von Textil- und Lebensmittelabfällen sowie Vorschläge zum Lebenszyklus von Altfahrzeugen und Kreislaufwirtschaft abgestimmt. Das Europäische Umweltbüro vermisst an einigen Stellen „echte Lösungen“.
Die Abgeordneten haben endgültig grünes Licht für neue Maßnahmen zur Vermeidung und Verringerung von Lebensmittel- und Textilabfällen in der gesamten EU gegeben. Dies umfasst Ziele für 2030 zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen sowie die verpflichtende Kostenübernahme von Herstellern für die Sammlung, die Sortierung und das Recycling von Alttextilien. Pro Kopf fallen in der EU jährlich rund 132 Kilogramm Lebensmittelabfälle und 12 Kilogramm Altkleider und Schuhe an. Mit der aktualisierten Gesetzgebung werden verbindliche Ziele zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen eingeführt, die bis zum 31. Dezember 2030 auf nationaler Ebene erreicht werden müssen: 10 Prozent aus Lebensmittelverarbeitung und -herstellung sowie 30 Prozent pro Kopf aus Einzelhandel, Restaurants, Gastronomie und Haushalten. Darüber hinaus müssen die EU-Mitgliedstaaten Maßnahmen ergreifen, um Wirtschaftsakteuren das Spenden von unverkauften Lebensmitteln, die für den menschlichen Verzehr unbedenklich sind, zu erleichtern.
Sobald das Gesetz formal vom Rat und Parlament unterzeichnet und im Amtsblatt der EU veröffentlicht ist, haben die EU-Mitgliedstaaten nach Inkrafttreten 20 Monate Zeit, um die Vorschriften in nationales Recht umzusetzen.
Und was ist mit den Altautos?
Von den 285,6 Millionen Kraftfahrzeugen in der EU erreichen jedes Jahr 6,5 Millionen das Ende ihrer Lebensdauer. Ebenfalls am Dienstag nahm das EU-Parlament mit großer Mehrheit (431 Ja-, 145 Nein-Stimmen bei 76 Enthaltungen) Vorschläge zur Kreislaufwirtschaft an, die den Lebenszyklus eines Fahrzeugs vom Design bis zur endgültigen Verschrottung am Ende seiner Lebensdauer abdecken. Das aktualisierte Gesetz soll den Übergang des Automobilsektors zur Kreislaufwirtschaft und zur Nachhaltigkeit fördern sowie die mit der Produktion und der Behandlung von Altfahrzeugen verbundenen Umweltauswirkungen verringern. Ausnahmen gelten für Spezialfahrzeuge, Fahrzeuge, die für die Streitkräfte, den Zivilschutz, die Feuerwehr und Rettungsdienste konzipiert und gebaut wurden, sowie Fahrzeuge von historischem und besonderem kulturellem Interesse. Festgelegt wurden verbindliche Ziele für die Verwendung von recycelten Materialien in Neufahrzeugen und eine verstärkte Herstellerverantwortung für die Sammlung und Behandlung von Altfahrzeugen. Da der Rat seinen Standpunkt bereits Anfang des Sommers angenommen hat, dürfte der Weg frei sein für die interinstitutionellen Verhandlungen (sogenannter Trilog).
Europäischer Umweltdachverband warnt vor dem Einknicken vor Industrieinteressen und Deregulierung
Das Europäische Umweltbüro (EEB) kommentierte die Entscheidungen verhalten: Wichtige Gesetze, ja, doch das Parlament bleibe „hinter echten Lösungen“ zur Verringerung des ökologischen Fußabdrucks zurück. Und dies spiele sich alles vor dem Hintergrund einer sich verschärfenden Abfallkrise und einer allgemeinen Deregulierungswelle ab.
Bei der Überarbeitung und Zusammenführung der veralteten Altfahrzeugrichtlinie und der 3R-Typgenehmigungsrichtlinie zu einer neuen Verordnung über Kreislaufwirtschaftsanforderungen an die Konstruktion von Fahrzeugen und die Bewirtschaftung von Altfahrzeugen seien Fortschritte durch Druck der Industrie gebremst worden, kritisierte das EEB. Insbesondere habe das Parlament versäumt,
- sich mit der nicht nachhaltigen Materialverwendung auseinanderzusetzen, und dabei die Notwendigkeit weniger und kleinerer Fahrzeuge ignoriert;
- Hersteller für in Nicht-EU-Länder exportierte Gebrauchtfahrzeuge zur Verantwortung zu ziehen.
Außerdem werde dem Recycling Vorrang vor wirksameren Strategien wie Langlebigkeit, Wiederverwendung und Reparatur eingeräumt. Fynn Hauschke, beim EEB zuständig für Kreislaufwirtschaft und Abfall, sagte: „Die EU-Gesetzgeber ignorieren weiterhin das Kernproblem: Die ständig zunehmende Größe und Anzahl von Autos treibt den Materialverbrauch und die Umweltbelastung in die Höhe. Ohne eine Bekämpfung dieses Trends – und ohne die Verpflichtung der Hersteller, Fahrzeuge von Anfang an langlebig und reparierbar zu konstruieren – wird die Verordnung den Sektor nicht auf einen wirklich nachhaltigen Weg bringen.“
Auch bei Lebensmittel- und Textilabfällen seien zwar durchaus Fortschritte zu verzeichnen, allerdings auch „große Lücken“ zu beklagen.
Zum ersten Mal wird die EU verbindliche Ziele für die Reduzierung von Lebensmittelabfällen haben. Jedoch reichten die veranschlagten 10 Prozent für die Verarbeitung und Herstellung und die 30 Prozent pro Kopf für den Einzelhandel, Restaurants, Gastronomie und Haushalte nicht aus, um eine Zusage der EU zu erfüllen. Diese hatte nämlich angekündigt, die Lebensmittelabfälle entlang der Lieferkette zu halbieren. „Indem sich das Parlament mit weniger zufrieden gibt, ignoriert es das Ausmaß der Krise, verpasst eine entscheidende Chance zur Emissionsreduzierung und gefährdet die Ernährungssicherheit und die Natur weiter“, so das EEB.
Im Bereich Textilien soll die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) bis Mai 2028 dazu führen, dass es in allen Mitgliedstaaten Systeme gibt, die die Hersteller verpflichten, die Kosten für die Sammlung und Sortierung von Alttextilien sowie für Maßnahmen zur Wiederverwendung, Reparatur und zum Recycling zu tragen. Das EEB warnt jedoch davor, dass die lange Frist die dringend benötigte Unterstützung für Kommunen und den Second-Hand-Sektor verzögern wird, und fordert die Mitgliedstaaten auf, die Einrichtung der Systeme nicht aufzuschieben. [jg]
EU-Parlament:
- Neue EU-Vorschriften zur Reduzierung von Textil- und Lebensmittelabfällen
- Neue Vorschriften für Design, Wiederverwendung und Recycling im Automobilsektor
EEB: Parliament votes on key waste and vehicle laws, but falls short of real solutions