Norwegen will Tiefseebergbau vorantreiben und erntet Kritik
Das norwegische Parlament hat am 9. Januar den Weg für Tiefseebergbau in der Arktis möglich gemacht. Die Meeresschutzorganisation Seas At Risk kritisierte die Entscheidung und verweist auf weltweite Bedenken und Forderungen nach einem Moratorium für den umweltschädlichen Wirtschaftszweig. Die EU-Mitgliedstaaten haben dazu keine einheitliche Meinung.
Trotz zunehmender Bedenken habe sich Norwegen dafür entschieden, mehr als 280.000 Quadratkilometer Hoheitsgewässer - so groß wie Italien - für den Tiefseebergbau zu öffnen, klagt Seas At Risk. Die norwegische Regierung könne nun Pläne verfolgen, um Bergbauunternehmen Explorationsverträge zu erteilen und Umweltverträglichkeitsprüfungen durchzuführen. Nach diesen Verfahren müsse das norwegische Parlament einer Genehmigung zustimmen.
Dabei gebe es eine Fülle von Gegenargumenten aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft, von Fischereibetrieben, der norwegischen Umweltbehörde, europäischen Politiker*innen und mehr als 550.000 Bürgerinnen und Bürgern, die eine Online-Petition unterzeichnet haben. Die Meeresschutzorganisation warnt, dass Tiefseebergbau irreversible Schäden an komplexen Ökosystemen und empfindlichen marinen Lebensräumen verursache und darüber hinaus eine Reihe von sozialen und ökologischen Verpflichtungen im Rahmen der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung missachte. Angesichts internationaler Debatten und Forderungen nach einem generellen Moratorium für Tiefseebergbauaktivitäten hofft Seas At Risk auf die Zeit – und die Neuwahlen in Norwegen im Jahr 2025.
Die Environmental Justice Foundation (EJF) nannte die Entscheidung Norwegens, den Tiefseebergbau voranzutreiben, einen „unwiderruflichen schwarzer Fleck auf Norwegens Ruf als verantwortungsvoller Meeresstaat”.
Bereits im November letzten Jahres hatten sich über hundert Abgeordnete des EU-Parlaments besorgt über die norwegischen Pläne geäußert (EU-News 23.11.2023). In der EU sind die Länder gespalten oder agieren zweigleisig. Frankreich, Irland, Finnland und Schweden unterstützen das erwähnte Moratorium. Deutschland beispielsweise spricht sich zwar „vorerst” gegen Tiefseebergbau aus, hat aber gleichzeitig einen Explorationsvertrag für die Erkundung internationaler Meeresböden laufen. Ebenso wie beispielsweise Frankreich, Polen, Belgien und ein Bündnis osteuropäischer Staaten.
Der Rat der Internationalen Meeresbodenbehörde war im Juli daran gescheitert, weltweite Regeln aufzustellen, plant aber ein Regelwerk für 2025. Der Run auf kritische Rohstoffe macht auch vor empfindlichen Ökosystemen nicht halt. [jg]
Seas At Risk: Norway’s deep-sea mining approval spurs global outcry
Deep Sea Conservation Coalition: Activists united against Norway’s plans for deep sea mining
ENDS Europe (kostenpflichtig): In-depth: Why EU member states are divided on deep sea mining, despite growing support for a ‘precautionary pause’