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Rechnungsprüfer: Greenwashing beim Aufbaufonds?
EU-News | 12.09.2024
#EU-Umweltpolitik #Klima und Energie #Wirtschaft

Rechnungsprüfer: Greenwashing beim Aufbaufonds?

Euro-Scheine unter der Lupe
© AdobeStock / studio v-zwoelf
Wohin fließen die Gelder? Euro-Scheine unter der Lupe

Der Europäische Rechnungshof (ECA) hat die Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF), also den EU-Finanztopf für Corona-Gegenmaßnahmen überprüft. Mindestens 37 Prozent der ARF-Mittel müssen nämlich für Klimamaßnahmen verwendet werden. Tatsächlich trugen aber nicht alle als „grün“ eingestuften Maßnahmen zum eigentlichen Ziel bei, so der ECA. Zudem landeten die Gelder viel langsamer in der Realwirtschaft als vorgesehen.

Europas Klimaziele und den ökologischen Wandel in den EU-Ländern unterstützen – das ist eines der Hauptziele der ARF. Die Mitgliedstaaten planten, im Rahmen der Säule „Ökologischer Wandel“, rund 275 Milliarden Euro für Klimamaßnahmen ein. Möglicherweise wurden die Ausgaben für Klimaprojekte aber um schlappe 34,5 Milliarden Euro zu hoch angesetzt, analysiert der ECA in seinem jüngsten Prüfbericht vom 11. September.

„Die ARF ist eine enorme EU-weite Investition und dürfte, wenn sie richtig umgesetzt wird, die Verwirklichung der ehrgeizigen Klimaziele der EU erheblich beschleunigen“, so Joëlle Elvinger, für den Bericht zuständiges Mitglied des Rechnungshofs. „In den Aufbauplänen kommen jedoch in hohem Maße Schätzwerte zum Einsatz, es gibt Unterschiede zwischen Planung und Praxis und letztlich nur wenige Anhaltspunkte, wie viel Geld direkt in den ökologischen Wandel fließt.“

Die ARF-Mittel werden – im Unterschied zur sonst üblichen Auszahlungspraxis (Erstattung von Ausgaben) – „auf der Grundlage erreichter Etappenziele und Zielwerte ausgezahlt“. Unter anderem bestünden aufgrund des speziellen Finanzierungsmodells und der relativ kurzen Laufzeit der ARF Zweifel daran, ob all das Geld, das für den Schutz des Klimas eingeplant wurde, diesem Ziel auch tatsächlich dient. Es fehle zudem ein umfassender Überblick über die in den EU-Ländern tatsächlich für Klimapolitik ausgegebenen Summen.

Einige als grün bezeichnete Projekte wiesen bei näherem Hinsehen gar keinen direkten Bezug zum ökologischen Wandel auf. Beispiele gefällig? Der Klimabeitrag einer Maßnahme zur Verbesserung der Wasserversorgung sei mit 40 Prozent angegeben worden. Tatsächlich flossen die Gelder in einem Mitgliedstaat in IT-Lösungen zur Digitalisierung des Versorgungssystems, was die Prüfer mit null Prozent verbuchen würden. Bei einem anderen Projekt sei „Wasser sogar regelrecht verschlammt worden“ – die schwerwiegenden Auswirkungen einer Pumpspeicheranlage auf die Umwelt sei im Vorfeld der Förderung gar nicht erst bewertet worden. Der ECA-Lösungsvorschlag? Klimarelevante Projekte müssten künftig „detaillierter und trennschärfer“ bewertet werden. Außerdem sollten künftige Instrumente stärker mit den Klimazielen verknüpft und abschließend erfasst und öffentlich gemacht werden, wofür das Geld tatsächlich ausgegeben wurde.

Im Dezember 2020 (EU-News 18.12.2020) war tief in der Nacht die EU-Entscheidung über die 724 Milliarden Euro schwere Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) gefallen. Das Sonderfinanzierungspaket der EU sollte mittels Darlehen und Finanzhilfen die EU-Mitgliedstaaten unterstützen, die Coronapandemie zu bewältigen. Das EU-Parlament hatte sogar einen Anteil von 40 Prozent klimaschutzorientierten Maßnahmen gefordert, das hatte der Rat aber – trotz vielfachen Protestes aus der Umweltbewegung – abgelehnt. 

In einem früheren ECA-Bericht von Anfang wurde untersucht, inwiefern die ARF-Coronagelder in der Realwirtschaft landen. Laut Rechnungshof hatten bis Ende 2023 die EU-Länder weniger als ein Drittel der Mittel aus dem Wiederaufbaufonds in Anspruch genommen. Davon hat nur etwa die Hälfte des Geldes aus Brüssel die Endempfänger in den EU-Mitgliedstaaten erreicht. Die EU-Prüfer sahen die Gefahr, dass sich die Ausschöpfung der Mittel weiter verlangsamt und Projekte nicht wie geplant abgeschlossen werden könnten. [jg] 

 

ECA:

 

ARF: Deutschland beantragt Zuschüsse in Höhe von 13,5 Milliarden Euro 

Am 13. September hat Deutschland bei der EU-Kommission seinen zweiten Zahlungsantrag eingereicht. Es geht um 16 Etappenziele (milestones) und 26 Zielwerte (targets) und 13,5 Milliarden Euro (abzüglich Vorfinanzierung). Die EU-Kommission prüft den Antrag nun.

Finanziert werden sollen Onshore- und Offshore-Windenergie, allgemeine und berufliche Bildung, Digitalisierung der öffentlichen Gesundheitsämter und der öffentlichen Verwaltung sowie die Verringerung des Verwaltungsaufwands für die Genehmigung von Energie aus erneuerbaren Quellen, das Stromnetz, den Verkehr und den Wohnungsbau. Darüber hinaus geht es um die Förderungen für den Kauf von insgesamt 320.000 Elektrofahrzeugen oder emissionsarmen Fahrzeugen, die Finanzierung von 689.000 Ladepunkten, erneuerbaren Wasserstoff, Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien, frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung sowie die Modernisierung von Krankenhäusern.

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