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Verbrannte Biodiversität: Erneuerbare, Biomasse und Biofuels
EU-News | 08.09.2022
#Biodiversität und Naturschutz #Klima und Energie #Mobilität #Wald

Verbrannte Biodiversität: Erneuerbare, Biomasse und Biofuels

Brennende Holzpellets
© Foto: Adobe Stock

Die Zivilgesellschaft protestiert gegen die generelle Einstufung von Holz als erneuerbare Energiequelle, die Kahlschlagmentalität der Forstwirtschaft und die Nutzung von sogenannten Biokraftstoffen in Konkurrenz zum Lebensmittelanbau.

Voraussichtlich am 13. September werden die EU-Abgeordneten über eine Novelle der Erneuerbare-Energien-Richtlinie abstimmen. Derzeit ist Holzbiomasse EU-weit als „erneuerbare Energie“ eingestuft. Dies führe dazu, dass mehr als die Hälfte des in der EU geernteten Holzes zur Energieproduktion verbrannt wird, kritisiert unter anderem die Waldschutzorganisation Robin Wood. Dabei stoße die Verbrennung von Holzbiomasse mehr Kohlendioxid pro Energieeinheit aus als die Verbrennung fossiler Brennstoffe. Darüber hinaus schädige der Holzeinschlag die Wälder in Europa und in den Ländern, die Holzpellets in die EU exportieren. Bei der Verbrennung von Agro-Kraftstoffen im Tank handele es sich ebenfalls „um eine grüne Scheinlösung“, so Robin Wood.

„Wer Wälder verheizt, befeuert die Klimakrise!“

Bereits vergangenen Freitag haben die Umweltorganisationen Robin Wood, DUH und NABU in Brüssel gegen das Verfeuern von Holz in Kraftwerken protestiert . „Die industrielle Verbrennung von Waldholz ist nicht erneuerbar und hilft nicht beim Klimaschutz. Es wird allerhöchste Zeit, dass das EU-Parlament diese enorme Fehleinschätzung korrigiert und die EU-Richtlinie für erneuerbare Energien an den aktuellen Stand der Wissenschaft anpasst. Unsere Wälder leiden schon so genug unter Hitze und Dürre. Sie müssen geschützt werden, statt für die Brennkammern von Kraftwerken herzuhalten“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.

In einer Analyse am Dienstag hat BirdLife aufgelistet, warum der delegierte Rechtsakt zum Klimaschutz mit seiner derzeitigen taxonomischen Einstufung von Holzbiomasse „zum Scheitern verurteilt“ sei. Darin gehe die EU davon aus, dass die Abholzung von Bäumen und die Verbrennung von Pflanzen und Bäumen zur Energiegewinnung einen „erheblichen Beitrag zum Klimaschutz“ leisten und der biologischen Vielfalt „keinen nennenswerten Schaden“ zufüge. Dies sei aus BirdLife-Sicht aber nur „eine weitere Gelegenheit für Holzfäller, unsere Wälder weiter auszubeuten und dabei tonnenweise CO2 in unsere Atmosphäre freizusetzen“. Es gebe im delegierten Rechtsakt viel zu viele Ausnahmen, die Klima-Nutzen-Analyse sei in ihrer jetzigen Form „bedeutungslos“ und durch den Rechtsakt würden die Emissionen wahrscheinlich sogar noch ansteigen. Zudem drohe ein massiver Verlust bei der Biodiversität der Wälder. Sowohl die Kriterien für die Vermeidung erheblicher Schäden (Do No Significant Harm) als auch die bisher unzureichende Definition von „nachhaltiger Waldbewirtschaftung“ müssten deutlich verbessert werden, so BirdLife.

BirdLife hat parallel eine neue Reihe gestartet, die „von Kahlschlägen und Vögeln“ in verschiedenen EU-Staaten berichtet. Die Forcierung der Nutzung von Bioenergie erhöhe den Druck auf die Biodiversität der Wälder erheblich, berichten Nichtregierungsorganisationen aus Finnland, Estland und Lettland.

Die Umwelt- und Gesundheitsorganisationen HEAL, Allianz für Klima und Gesundheit (KLUG),  European Public Health Alliance (EPHA), Deutsche Gesellschaft für Public Health (DGPH) und KlimaDocs haben am Mittwoch mit einem Brief die EU-Abgeordneten aufgefordert, die Einstufung von Holz als erneuerbare Energiequelle zu stoppen und die Subventionierung von Holz als Energiequelle zu beenden.

Verbände widerlegen „10 Mythen der Biokraftstoff-Lobby“

Deutsche Umwelthilfe (DUH), foodwatch, Greenpeace, NABU, Robin Wood und Transport & Environment haben am Montag in einem Faktencheck zehn „häufig gehörte Mythen der Biokraftstoff-Lobby“ widerlegt. Lebensmittelerzeugung sei wichtiger als die Herstellung pflanzlicher Biokraftstoffe – und es gebe sehr wohl eine Konkurrenz um Flächen und Ressourcen, was Lobbyisten bestritten.

Seit mehr als 15 Jahren fördere die EU die Beimischung von Biokraftstoffen zu fossilem Diesel und Benzin. Biokraftstoffe würden aber in erster Linie aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen hergestellt, die speziell für diesen Zweck angebaut werden. Biodiesel werde in der Regel aus Raps-, Soja- oder Palmöl hergestellt. Für Bioethanol, das dem Benzin beigemischt wird, würden Weizen, Roggen, Roggen, Mais und andere Getreidesorten sowie Zuckerrüben und Zuckerrohr verwendet.

Nicht zuletzt der Krieg in der Ukraine und die daraus resultierende weltweite Nahrungsmittelkrise zeigten, dass es eine politische Wende in dieser Frage geben müsse. Die laufende Überarbeitung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie auf EU-Ebene biete die Möglichkeit, die Verwendung von Lebensmitteln für Kraftstoffe in ganz Europa zu beenden, so die Verbände. [jg]

Robin Wood: Klimaschutz statt Klimaschwindel

BirdLife: EU green taxonomy – burning biodiversity

HEAL et al.: Letter to MEPs: Wood burning harms our health and fuels climate change

Transport & Environment: Biofuels lobby’s myths debunked und der Fakt-Check Biofuel Myths

Bundesregierung veröffentlicht Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz

Ende August hat das Bundesumweltministerium einen Entwurf für einen neuen Aktionsplan veröffentlicht: „Der Natürliche Klimaschutz soll substanziell dazu beitragen, die Ziele der Bundesregierung zum Klimaschutz, zum Schutz der biologischen Vielfalt und zur Vorsorge gegen die Folgen der Klimakrise zu erreichen. Er soll damit einen relevanten Beitrag zur allgemeinen Krisenvorsorge in Deutschland leisten.” Es besteht die Möglichkeit, Stellung zu nehmen beziehungsweise zu kommentieren: Frist 28. Oktober 2022.

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