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Zukunft der europäischen Industriepolitik: DNR präsentiert Forderungspapier  
EU-News | 19.07.2024
# sozial-ökologische Transformation #EU-Umweltpolitik #Klima und Energie #Kreislaufwirtschaft

Zukunft der europäischen Industriepolitik: DNR präsentiert Forderungspapier  

Industrielandschaft mit starker Emissionsbelastung
© Foto: AdobeStock/kbarzycki
Industrielandschaft mit starker Emissionsbelastung

Ursula von der Leyen kündigte bei ihrer erneuten Bewerbung für das Amt der EU-Kommissionspräsidentin an, innerhalb der ersten 100 Tage ihres Mandats eine Strategie für eine saubere Industrie in Europa vorzulegen. Damit wird die Entwicklung einer neuen Industriestrategie eine ihrer Hauptprioritäten. Der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring fordert in einem Positionspapier mit anderen Verbänden einen Rechtsrahmen im Einklang mit den planetaren Grenzen und hohen Sozialstandards.

Am vergangenen Donnerstag stellte die neue alte Kommissionspräsident Ursula von der Leyen ihre politischen Leitlinien für eine weitere Amtszeit vor (EU-News vom 19.07.). Ein Ziele ihrer Politik: Die Dekarbonisierung und das industrielle Wachstum vorantreiben. Innerhalb der ersten 100 Tage ihres Mandats will von der Leyen einen Clean Industrial Deal vorstellen, der Klimaschutz in die EU-Industriepolitik integriert. Mit diesem Versprechen sendete sie auch deutliche Signale an die Grünen. Dass deren Prioritäten berücksichtigt würden, brachte von der Leyen letztendlich die ausschlaggebenden Stimmen für ihre Wiederwahl ein. 

Der geplante Clean Industrial Deal zielt darauf ab, Investitionen besonders in energieintensive Sektoren zu lenken und soll die Entwicklung von Leitmärkten für Produkte wie sauberen Stahl und saubere Technologien beschleunigen. Infrastruktur- und Industrieinvestitionen, insbesondere für energieintensive Branchen, sollen durch einen „Industrial Decarbonisation Accelerator Act“ gepusht werden. Diese Strategie, die auch auf die Reduzierung von Energiekosten ausgerichtet ist, baut auf dem Green Deal der letzten Legislaturperiode auf, welcher bereits umfassende Maßnahmen zur drastischen Reduktion der Treibhausgasemissionen beinhaltete. Zudem soll der Zugang zu günstigen und nachhaltigen Energien und Materialien verbessert werden. Im Rahmen des nächsten Mehrjährigen Finanzrahmens ist ein europäischer Wettbewerbsfonds geplant, um strategische Technologien wie künstliche Intelligenz, Biotechnologie und Weltraumtechnik in Europa zu entwickeln und zu fördern. Für die Kreislaufwirtschaft ist ein Circular Economy Act vorgesehen, der unter anderem einen Markt für Sekundärmaterialien und die Erweiterung des Binnenmarkts für Abfall umfasst.

"Klaren Rechtsrahmen für eine Industrietransformation schaffen"

Von der Leyens vorgeschlagener Clean Industrial Deal müsse nun schnellstmöglich einen "klaren Rechtsrahmen für eine Industrietransformation schaffen, die in Einklang mit den planetaren Grenzen und dem Anspruch an hohe soziale Standards steht", kommentiert Christina Stoldt, DNR-Referentin für deutsche und europäische Industriepolitik, die Pläne von der Leyens. Mit dem European Green Deal seien wichtige Grundsteine für die Dekarbonisierung der europäischen Industrie gelegt worden, es fehle jedoch noch an der nötigen Planungs- und Investitionssicherheit für Unternehmen.

Wie so ein Rechtsrahmen aussehen kann und welche Instrumente es braucht, um die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu erhalten und gleichzeitig den Übergang zur Klimaneutralität bis 2050 zu vollziehen, zeigt das gemeinsame Forderungspapier von DNR, BUND, der Deutschen Umwelthilfe, Natureplus, Germanwatch, NABU, WWF und dem Runden Tisch Reparatur. Unter dem Titel "Langfristige Wettbewerbsfähigkeit, Planbarkeit  und soziale Abfederung: Wege zur Klimaneutralität der europäischen Industrie"  legt das Bündnis konkrete Vorschläge für eine zukunftsfähige Industriepolitik vor.

Kernpunkte zur Entwicklung einer europäischen Industriestrategie sind den Organisationen zufolge: 

  1. Die Vermeidung und Wiederverwendung von Materialien als einer der stärksten Hebel zur Dekarbonisierung der Industrie sollte vorrangig gegenüber Recycling und Abfallverbrennung sein. Im Zentrum einer europäischen Industriestrategie muss daher eine ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft stehen. Dazu wird ein europäisches Ressourcenschutzgesetz vorgeschlagen, um verbindliche Ziele zur Reduktion des Ressourcenverbrauchs festzulegen. 
     
  2. Außerdem braucht es ein Finanzierungsmodell für die Industrietransformation. Das Bündnis fordert einen Mix aus öffentlichen und privaten Investitionen, um nachhaltige Projekte zu fördern. Eine Reform des Europäischen Emissionshandelssystems (ETS) wird als notwendig erachtet, um ein effektives Preissignal für CO2-Emissionen zu setzen. 
     
  3. Um den Weg zu einer klimaneutralen Industrie für alle erfolgreich zu gestalten, braucht es Förderung von Unternehmenstransformation und Beschäftigung, die mit Klimaneutralität in Einklang stehen. Dazu müsse die Transformation Arbeitsplätze, Weiterbildungs- und Umschulungsmaßnahmen schaffen, die den Anforderungen einer klimaneutralen Produktion gerecht werden. 

Ein industriepolitischer Ansatz, der Klimaschutz vorantreibt und dabei die Wettbewerbskraft der Industrie wahrt, ist nicht nur für Europa, sondern auch weltweit von großer Bedeutung. Wenn die EU in der umweltbewussten Industriepolitik eine führende Rolle übernimmt, könnte sie damit weltweit Standards setzen und andere Regionen zu vergleichbaren Initiativen inspirieren. [ks]

 

DNR:  Forderungspapier zur europäischen Industriepolitik [pdf] 

DNR: Pressemitteilung - Green Deal fortführen und Brandmauer aufrechterhalten (18.07.2024) 

Europäische Kommission: Political Guidelines 2024-2029 

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