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26. UN-Klimakonferenz biegt auf die Zielgerade
EU-News | 11.11.2021
#Klima und Energie #EU-Umweltpolitik

26. UN-Klimakonferenz biegt auf die Zielgerade

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c. Ralf Vetterle | Pixabay

Ringen um Kernkraft, Abschlusserklärung, Verbrennermotor, Kohleausstieg

Nach Informationen des Deutschlandfunks hat sich die geschäftsführende Bundesumweltministerin Svenja Schulze heute (Donnerstag) klar gegen Atomenergie als ökologisch nachhaltige Technologie zur Energiegewinnung auf der UN-Klimakonferenz ausgesprochen. Ähnlich äußerten sich die Delegierten von Dänemark, Luxemburg, Österreich und Portugal. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es, dass die Aufnahme der Kernkraft in die EU-Taxonomie für nachhaltige Finanzen die Gefahr berge, dass Finanzmittel von den erneuerbaren Energien wie Wind- und Sonnenenergie abgezogen würden. In Brüssel war vergangene Woche ein Non-Paper aufgetaucht, das die Aufnahme von Atomkraftwerken und von fossilen Gaskraftwerken in die Taxonomie vorsieht (EU-News vom 04.11.2021).

DLF: Deutschland und andere Staaten gegen Einstufung von Atomkraft als nachhaltig

Am Mittwochmorgen wurde eine erste Version der Abschlusserklärung der UN-Klimakonferenz COP26 bekannt. Wie das Nachrichtenportal Climate Home News berichtete, enthält das Dokument, falls es angenommen werde, den ersten ausdrücklichen Hinweis auf Kohle und fossile Brennstoffe im UN-Klimaprozess überhaupt. Es „fordert die Vertragsparteien auf, den Ausstieg aus der Kohle und den Subventionen für fossile Brennstoffe zu beschleunigen“, allerdings ohne konkreten Zeitplan. Große Ablehnung wird von Ländern mit hiesiger Kohle-, Öl- und Gasindustrie wie Australien und Saudi-Arabien erwartet.

Climate Home News: Draft Glasgow agreement calls for accelerated coal exit, in UN climate first 

Am Mittwochabend hatten China und die USA für viele Beobachter*innen überraschend angekündigt, ihre Zusammenarbeit beim Klimaschutz zu verstärken. Beide Länder sind gemeinsam für rund 45 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Sie erkannten an, dass zwischen den derzeitigen nationalen Zusagen und Maßnahmen zur Senkung des Treibhausgasausstoßes und dem, was zur Erreichung der Ziele von Paris erforderlich ist, „eine erhebliche Lücke“ bestehe. Es sei von entscheidender Bedeutung, „diese Lücke so schnell wie möglich zu schließen“, zitiert das Nachrichtenmagazin Climate Home News aus der gemeinsamen Erklärung.

Climate Home News: China-US announce deal at Cop26 to accelerate climate action this decade 

Am „Verkehrstag“ des Klimagipfels am Mittwoch stand die Elektrifizierung der Automobilindustrie im Mittelpunkt. Ob die Ankündigung über den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor – bis 2040 weltweit, bis 2035 in großen Volkswirtschaften – Substanz hat, ist fraglich. Auf der Liste der Unterzeichner fehlen zum Beispiel die EU-Länder, in denen die Automobilindustrie eine tragende Rolle spielt: Deutschland, Spanien, Frankreich, die Tschechische Republik, die Slowakei und Italien, wie der Umweltinformationsdienst Ends Europe berichtete.

Die einzigen EU-Mitgliedstaaten, die die unverbindliche Erklärung unterzeichneten, waren Polen, Österreich, Kroatien, Zypern, Dänemark, Finnland, Irland, Luxemburg, die Niederlande, Slowenien und Schweden. Dies werfe Ends Europe zufolge die Frage auf, ob der Vorschlag der EU-Kommission, den Verkauf neuer Pkws und Lieferwagen mit Verbrennungsmotoren zu verbieten, im Rat genügend Unterstützung finden würde.

Der geschäftsführende Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer teilte via Twitter dazu mit, dass sich die geschäftsführende Bundesregierung einig sei: „Wir unterzeichnen nicht. Wir wollen saubere & klimaneutrale Mobilität, aber eben technologieoffen. Der FOSSILE Verbrenner muss 2035 auslaufen! Was in der Glasgow-Erklärung fehlt? – eFuels aus erneuerbaren Energien in Verbrennungsmotoren zu nutzen.“

Rad- und Zugverkehr, öffentlicher Nahverkehr und Fußverkehr spielten unterdessen keine Rolle auf dem „Verkehrstag“.

Ends Europe (kostenpflichtig): COP26: Majority of EU states absent from clean vehicles pledge 

Andreas Scheuer auf Twitter 

Vergangene Woche hatten sich 190 Regierungen mit dem „Global Coal to Clean Power Transition Statement“ auf den Ausstieg aus der Kohlekraft geeinigt, mit einem Enddatum 2030 für die großen Volkswirtschaften. Große internationale Banken hätten sich verpflichtet, bis Ende 2021 alle internationalen öffentlichen Finanzierungen für neue Kohlekraftwerke zu beenden. Dies wurde von den Organisator*innen der COP als großer Erfolg gefeiert.

Getrübt wurde die Stimmung etwa durch die polnische Regierung. Sie bestätigte nur Stunden nach Unterzeichnung der Erklärung, noch bis 2049 Kohle für die Energieerzeugung zu nutzen. Sie sähe sich nicht als große Volkswirtschaft. So berichtete es das Nachrichtenportal Euractiv.

Und dann könnte der Energiecharta-Vertrag (ECT) zumindest den Vertragsstaaten, darunter die EU und zahlreiche Mitgliedstaaten, einen Strich durch die Rechnung machen, warnte die Umweltorganisation Friends of the Earth Europe (FoEE). Dieser Vertrag ermögliche es Energieunternehmen, Regierungen auf Entschädigungszahlungen zu verklagen, wenn ihre Gewinne durch eine Änderung der Politik, zum Beispiel Entscheidungen zur Bekämpfung der Klimakrise, beeinträchtigt werden. FoEE forderte die EU-Staaten und das Vereinigte Königreich auf, aus dem ECT auszusteigen. Seit Monaten laufen Verhandlungen, um den Vertrag zu reformieren – bislang ohne Durchbruch. Laut FoEE hat eine neue Runde am Dienstag begonnen.

COP26: Latest news: End of coal in sight

Euractiv: Polen klärt Position zum Kohleausstieg: Es bleibt bei 2049 

FoEE: COP26 action on fossils undermined by corporate courts 

Klimaschutz-Index 2022: Gradmesser für die COP

Am Dienstag haben die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch, das Climate Action Network (CAN) Europe und das New Climate Institute auf der COP26 in Glasgow den neuen Climate Change Performance Index 2022 (CCPI) veröffentlicht, mit dem die weltweiten Klimaschutzbemühungen überwacht werden. Die Plätze 1 bis 3 bleiben auch in diesem Jahr leer, da sich aus Sicht der drei Organisationen keines der 60 analysierten Länder oder die EU auf dem 1,5-Grad-Pfad befinden.

Dänemark erreicht mit dem vierten Platz die höchste Platzierung. Das Land wurde in den Kategorien Treibhausgasemissionen, erneuerbare Energien und Klimapolitik als „gut" eingestuft. Auf Dänemark folgen Schweden (Platz 5), Norwegen (Platz 6), Großbritannien (Platz 7) und Marokko (Platz 8). Dagegen zählt der Index unter anderem Australien (Platz 58), Südkorea (Platz 59), Kanada (Platz 61), die USA (Platz 55) und Russland (Platz 56) zu den größten Bremsern in Sachen Klimaschutz. Iran (Platz 62), Saudi-Arabien (Platz 63) und Kasachstan (Platz 64) belegen die hintersten Ränge. Deutschland verbessert sich im Vergleich zum Vorjahr vom 19. auf den 13. Rang.

Die EU landet auf Platz 22. Chiara Martinelli, Direktorin des Climate Action Network Europe, fand dazu mahnende Worte: „Wir können uns ein Europa der zwei Geschwindigkeiten nicht leisten, wenn es um die Bekämpfung des gefährlichen Klimawandels geht. Der heute veröffentlichte Klimaschutz-Index, in dem die EU von Platz 16 auf Platz 22 zurückgefallen ist, ist ein weiterer Beweis dafür, dass die EU ihren Worten Taten folgen lassen und sowohl politischen Willen als auch konkrete Schritte zur drastischen Emissionsreduzierung zeigen muss.“

Klimaschutz-Index/Climate Change Performance Index 

Germanwatch: Klimaschutz-Index 2022: Die wichtigsten Ergebnisse 

CAN Europe: Civil society calls on the EU to ensure COP26 delivers on climate ambition 

Neue Datenbank zu Unternehmen der Öl- und Gasindustrie

Die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald und mehr als 20 internationale Partner-NGOs haben vergangene Woche auf der COP die „Global Oil & Gas Exit List“ (GOGEL) vorgelegt. Sie ist weltweit die erste öffentliche, umfangreiche Datenbank zu Unternehmen aus der Öl- und Gasindustrie. GOGEL umfasst derzeit 887 Unternehmen und bildet damit knapp 95 Prozent der weltweiten Öl- und Gasproduktion ab. Nutzer*innen der Datenbank, insbesondere aus der Finanzindustrie, können mit GOGEL die Öl- und Gasfirmen mit den größten Expansionsplänen und den umstrittensten Formen der Öl- und Gasförderung identifizieren.

Urgewald: Datenbank Gogel 

Hunderte Lobbyisten der fossilen Industrie vor Ort

Die zivilgesellschaftlichen Organisationen Corporate Accountability, Corporate Europe Observatory (CEO), Glasgow Calls Out Polluters und Global Witness haben die vorläufige UN-Liste der namentlich genannten Teilnehmenden an der COP26 analysiert. Sie zählten die Anzahl der Personen, die entweder direkt mit fossilen Brennstoffkonzernen wie Shell, Gazprom und BP verbunden sind oder als Mitglieder von Delegationen teilnehmen, die im Namen der fossilen Brennstoffindustrie handeln.

Die Analyse förderte einige interessante Details zum Vorschein. Wäre die Lobby der fossilen Brennstoffindustrie eine Länderdelegation auf der COP, wäre sie mit 503 Delegierten die größte. Mehr als 100 Unternehmen, die fossile Brennstoffe produzieren, sind auf der COP vertreten. Hinzu kommen offenbar 30 Handelsverbände und Mitgliedsorganisationen. Überdies hätten 27 Länderdelegationen Lobbyisten für fossile Energien angemeldet, darunter Kanada, Russland und Brasilien.

Corporate Accountability, Corporate Europe Observatory (CEO), Glasgow Calls Out Polluters und Global Witness: Hundreds of fossil fuel lobbyists flooding COP26 climate talks 

Geschafft! Vielen Dank fürs aufmerksame Lesen bis zur letzten Zeile.

Redakteurin: Ann Wehmeyer

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