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Tiefseebergbau, Nordatlantikbeschlüsse, Petitionen
EU-News | 25.11.2021
#Wasser und Meere #Rohstoffe und Ressourcen #Biodiversität und Naturschutz

Tiefseebergbau, Nordatlantikbeschlüsse, Petitionen

Makohai_Presse
c. Sharkprojekt/David Serradell Zamora

Drei EU-Fischereibeiräte sprechen sich gemeinsam für ein Tiefseebergbau-Moratorium und den Stopp der diesbezüglichen Technologiefinanzierung aus. Die Internationale ICCAT-Kommission schützt Makohaie im Nordatlantik etwas besser und legt verschiedene Fangquoten für Thunfische fest. Bis 10. Dezember soll es eine Einigung zwischen der EU und Großbritannien über Fischereirechte geben. Und es starten zwei Petitionen: pro Delfine und contra Patente auf Leben.

EU-Fischereibeiräte fordern Tiefseebergbau-Moratorium oder -Verbot

Tiefseebergbau hat potenziell schwerwiegende Auswirkungen auf die marine Artenvielfalt und die Fischerei, davor warnen Umweltorganisationen wie Seas At Risk schon lange. Nun haben die drei EU-Fischereibeiräte (Fernflotte/Langstreckenfischerei, Pelagische Fischerei und Nordwestliche Gewässer) in einem gemeinsamen Gutachten ein Moratorium oder ein Verbot des Tiefseebergbaus in internationalen Gewässern verlangt. Dieses neue Gutachten spiegele die jüngsten wissenschaftlichen Entwicklungen wider, so Seas At Risk.

Die Beiräte fordern die Internationale Meeresbodenbehörde (International Seabed Authority – ISA) auf, den Abbau von Meeresmineralien in internationalen Gewässern so lange zu verbieten, bis „die Auswirkungen des Tiefseebergbaus auf die Meeresumwelt, die biologische Vielfalt und die menschlichen Aktivitäten ausreichend erforscht sind, die Risiken bekannt sind und die Technologien und Betriebspraktiken nachweislich keine schwerwiegenden Umweltschäden, keinen Verlust an mariner Artenvielfalt und keine Verschlechterung der marinen Ökosysteme verursachen“. Die Beiräte schließen sich damit ähnlichen Forderungen des Europäischen Parlaments (P9_TA(2021)0277, Punkt 184), der IUCN (EU-News 14.09.2021) sowie von Nichtregierungsorganisationen, Wissenschaft und Privatunternehmen an.
Die Fischereibeiräte fordern außerdem die EU-Kommission auf, die finanzielle Förderung von Tiefseebergbautechnologien einzustellen. Allerdings enthält die EU-Biodiversitätsstrategie 2030 den Passus, es werde weiterhin Forschung zu „umweltfreundlichen“ Technologien in dem Bereich finanziert. Dass Tiefseebergbau kaum als umweltfreundlich bezeichnet werden kann, zeige der Bericht At a crossroads: Die Rolle Europas im Tiefseebergbau, kritisiert Seas At Risk.

Keine revolutionären Ergebnisse bei der ICCAT-Jahrestagung

Die Jahrestagung der Fischerei-Konvention ICCAT (International Commission for the Conservation of Atlantic Tunas) vom 15. bis 23. November hat nach vier Jahren Verhandlung unter anderem beschlossen, die Makohaie etwas besser zu schützen. Die Umweltorganisation Pro Wildlife hatte im Vorfeld gegen die EU-Verhandlungsposition protestiert (EU-News 18.11.2021). Die Erhaltungsmaßnahmen für den Kurzflossen-Makohai im Nordatlantik sollen ab 2022 beginnen, um die Überfischung sofort zu beenden. Allerdings soll erst bis 2070 (!) schrittweise eine Biomasse erreicht werden, die mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 60 bis 70 Prozent den höchstmöglichen Dauerertrag (MSY) ermöglicht. Der EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius nannte das via Twitter eine „bahnbrechende Vereinbarung“ und einen „großen Fortschritt für die Erholung“ dieser besonderen Art. Darüber hinaus wurden 21 neue Empfehlungen und 3 Entschließungen zum Fischereimanagement von atlantischem Thunfisch und thunfischähnlichen Arten angenommen. Die Fangmengen von Rotem Thun im Westatlantik wurde auf 2.726 Tonnen für 2022 erhöht. Für den Weißen Thun-Bestand im Mittelmeer startet 2022 ein 15-jähriger Wiederauffüllungsplan, wobei im nächsten Jahr 2.500 Tonnen abgefischt werden dürfen. 2022 sollen diverse Bestandsabschätzungen vorgenommen werden, um dann die Quoten neu festzusetzen.

Brexit und die Folgen für die Fischerei: Streitbeilegung im Dezember?

Im schwelenden Streit zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU über Fischereilizenzen soll es laut EU-Umweltkommissar Sinkevičius am 10. Dezember eine endgültige Einigung geben. Das twitterte er nach einem Anruf beim britischen Umweltminister George Eustice. Besonders zwischen Frankreich und Großbritannien hatte es erheblichen Zwist um Lizenzen gegeben (EU-News 28.10.2021). Kurz vorm  Weltfischereitag am 21. November hat die Meeresschutzorganisation Oceana vor dem britischen Parlament mit prominenter Unterstützung gegen die Überfischung der britischen Gewässer protestiert.
Im Dezember werden im EU-Fischereirat voraussichtlich auch alle Fangquoten für die EU-Mitgliedstaaten in den anderen europäischen Meeren für 2022 beschlossen.

Petitionen: Schutz der Delfine vor Beifang, Kein Patent auf Leben

Die Meeresschutzorganisation Seas At Risk ruft zur Unterstützung einer Petition zur Rettung der Delfine im Golf von Biskaya auf. Beifang sei die Hauptursache für die Schädigung und den Tod von Tausenden von Delfinen. Seit dem Jahr 2000 seien im Golf von Biskaya schätzungsweise 65.000 Delfine in Fischernetzen verendet. In den Wintermonaten sei das Risiko für Delfine am größten, aber bis heute hätten es EU-Kommission und EU-Mitgliedstaaten versäumt, Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Nachdem vor Kurzem beim Europäischen Patentamt in München (EPA) verhandelt wurde, ob ein Patent auf Lachs rechtens ist, haben Nichtregierungsorganisationen wie „No Patents on Seeds!“ und „Arche Noah“ eine Petition gestartet. Zwar war deren Widerspruch beim Lachs stattgegeben worden, aber derzeit ist die Patentierung von Leben prinzipiell noch möglich. Die Petition „Leben ist keine Erfindung“ soll erwirken, dass innerhalb eines Jahres eine Konferenz über das Europäische Patentamt einberufen wird. Konkret adressiert werden die 38 Minister*innen der Vertragsstaaten des EPA, die in dieser Konferenz laut Petition beschließen sollen, dass Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere ausgeschlossen sind. [jg]

Gutachten der drei EU-Fischereibeiräte sowie Hintergrund: Liste aller Beiträte für Fischerei in der EU

Seas At Risk: Fisheries Advisory Councils call for moratorium on deep-sea mining in international waters

ICCAT agreed a new conservation measure for the North Atlantic shortfin mako shark – Closure of the 27th Regular meeting of the Commission

Petition: Stop the mass slaughter of dolphins by the fishing industry in EU waters

Berichterstattung/Die Presse: Wie viel Patentschutz ist für Lebewesen möglich?

Petition gegen Patentierung von Saatgut, Pflanzen und Tieren
 

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