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Holzboykott, Entwaldung und Renaturierung
EU-News | 11.03.2022
#Wald #Wirtschaft #Biodiversität und Naturschutz

Holzboykott, Entwaldung und Renaturierung

Waldarbeit
© AdobeStock/Kletr
Waldarbeit

Bündnis fordert den Stopp von Holzimporten aus Russland und Belarus. Der Verordnungsentwurf für entwaldungsfreie Produkte löst Kommentare von allen Seiten aus. Waldschutzorganisation FERN äußert sich zum Lieferketten-Entwurf, zum EU-Wiederherstellungsgesetz und LULUCF.

NGOs: „Stoppt Holzimporte aus Russland und Belarus“

Am Freitag letzter Woche hat ein großes zivilgesellschaftliches Bündnis mit mehr als 120 Organisationen in Reaktion auf den Ukrainekrieg die EU aufgefordert, Holzimporte aus Russland und Belarus zu beenden. In einem gemeinsamen Appell an die EU und Regierungen heißt es, diese sollen die Sanktionen auf alle Arten von Holz und Holzerzeugnissen aus Russland und Belarus ausweiten. Die EU solle außerdem dafür sorgen, dass ihre Reaktion auf den Krieg, insbesondere der Übergang zu größerer Energieunabhängigkeit, im Einklang mit einem ehrgeizigen europäischen Green Deal, dem "Fit for 55"-Paket und der Biodiversitätsstrategie erfolgt. Europas Natur und Klima dürften nicht der Preis für diesen Krieg sein, und die unterzeichnenden Nichtregierungsorganisationen sind besorgt darüber, dass einige Forstindustrien bereits die Aufhebung von Waldschutzmaßnahmen fordern, um den verstärkten Holzeinschlag zu erleichtern. Im Jahr 2021 betrug der Exportwert von Holz und Holzprodukten aus der Russischen Föderation 13,9 Milliarden US-Dollar. Die EU ist ein wichtiger Absatzmarkt für dieses Holz.

EU-Gesetzentwurf gegen Entwaldung ruft Forstverbände auf den Plan

In einer Stellungnahme der europäischen Waldeigentümer und -bewirtschafter zum Verordnungsentwurf zum Stopp der europäisch verantworteten globalen Entwaldung und Naturzerstörung vom letzten November (EU-News 17.11.2021) kritisieren die unterzeichnenden Verbände „unzureichende Definitionen“ und „undurchführbare Bestimmungen für die Überwachung und Umsetzung“. Aus Sicht von der Waldeigentümerkonföderation CEPF oder dem Landwirtschaftsverband Copa-Cagega sollten die Definitionen im Gesetz „praktikabel“ sein und mit der internationalen Waldberichterstattung übereinstimmen, und somit der Vielfalt der Wälder in der ganzen Welt angepasst sein. Zudem sollte sich die Überwachung der Waldschädigung auf zuverlässige Methoden stützen, das Länder-Benchmarking nach einem transparenten und vergleichbaren Verfahren erfolgen.

Nach Berichten der Zeitung Guardian vom 4. März haben fünf der weltgrößten Agrarkonzerne im letzten Jahr versucht, den Entwurf des EU-Gesetzes zum Verbot von Lebensmittelimporten im Zusammenhang mit der Abholzung von Wäldern massiv zu schwächen. Und dies, obwohl sie auf der UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow kurze Zeit zuvor versprochen hatten, ihre Bemühungen zum Schutz der Wälder zu beschleunigen. Dies gehe aus Dokumenten hervor, die Greenpeace Unearthed der Zeitung zugespielt habe. Sie hätten sich im letzten November mit einem Brief an EU-Vizekommissar Frans Timmermans gewandt, damit Rohstoffe wie Kaffee, Soja, Rindfleisch oder Kakao, die im Verdacht stehen, mit der Abholzung in Verbindung zu stehen, vom neuen EU-Gesetz ausgenommen würden.

Die Waldschutzorganisation FERN hatte in einer erneuten Stellungnahme zur Verordnung (EU-News 15.12.2021) im Gegensatz dazu kritisiert, dass Fleischzubereitungsprodukte ausgeschlossen würden, obwohl beispielsweise die Viehzucht im brasilianischen Amazonasgebiet 90 Prozent der Abholzung verursache. Zudem umgehe der Vorschlag das internationale Recht zu Landrechten, weil er sich auf nationale Regelungen verlässt. Auch Greenpeace hatte kritisiert, dass „Leder zwar drin, Menschenrechte aber draußen“ seien.

FERN zum Lieferkettengesetz: Beschränkte Sorgfaltspflichten, beschränkte Reichweite

In einer Stellungnahme zum im Februar von der EU-Kommission vorgelegten Lieferkettengesetzentwurf zur Sorgfaltspflicht für Unternehmen (EU-News 24.02.2022) hat die Waldschutzorganisation FERN dessen Auswirkungen auf Wälder und vom Wald abhängige Bevölkerungsgruppen untersucht.

Die Umweltkriterien für Unternehmen im Entwurf besagten laut FERN, dass Unternehmen jede messbare Umweltzerstörung vermeiden müssen, einschließlich Aktivitäten, die die ökologische Integrität beeinträchtigen, wie die Abholzung von Wäldern. Der Entwurf verweise auf den Vorschlag für eine EU-Verordnung über entwaldungsfreie Produkte, der mit einem anderen Ansatz – klare Anforderungen für bestimmte Produkte für den Import in den EU-Markt – ähnliche Ziele verfolge. Die Sorgfaltspflichtrichtlinie lege eine Verpflichtung für das Verhalten der Unternehmen fest, erstrecke sich aber auch auf weitere Tätigkeiten wie zum Beispiel Bergbau. Positiv zu vermerken sei, dass die Menschenrechtskriterien der Sorgfaltspflichtrichtlinie zahlreiche Erwähnungen der Rechte auf Landbesitz und -nutzung, einschließlich der Rechte indigener Völker, enthalten. Allerdings umfasse der Text kein Recht auf einen angemessenen Lebensstandard, obwohl es in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte enthalten ist, so die Organisation. Im Anhang werde zwar das Recht auf gerechte Entlohnung erwähnt, aber da Kleinbauern und Kleinbäuerinnen keine Arbeitnehmer sind und keinen Lohn erhalten, sei nicht klar, ob dies auch für sie gilt. Kakaobauern der Elfenbeinküste verdienten durchschnittlich nur 54 Cent pro Tag. Auch Zwangsarbeit finde keine Erwähnung.

Grundsätzlich habe das Lieferkettengesetz das Potenzial, die Verordnung über entwaldungsfreie Produkte auf wirklich hilfreiche Weise zu ergänzen, insbesondere in Fragen, die unzureichend behandelt werden, wie Zugang zur Justiz, existenzsicherndes Einkommen und internationale Menschenrechte, so FERN. Im Moment werde sie jedoch durch ihren begrenzten Anwendungsbereich in Bezug auf die Unternehmensgröße und die Schlupflöcher in Bezug auf die Verantwortung der Unternehmen für das Verhalten ihrer Zulieferer im Kern geschwächt.

Renaturierungsgesetz und LULUCF könnten Klimaschutz entscheidend voranbringen

In einem Kommentar von FERN zu positiven Effekten von Renaturierung hat die Waldschutzorganisation „entschlossenes gesetzgeberisches Handeln“ in dem für 23. März erwarteten EU-Wiederherstellungsgesetz sowie der Überarbeitung der Verordnung über Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) gefordert. Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments (ENVI) wird voraussichtlich am 28. April 2022 über den Standpunkt des Parlaments abstimmen zu LULUCF abstimmen. Bei beiden Vorschlägen gehe es darum, „substanzielle Ziele mit verbindlichen Zeitvorgaben“ zu versehen. Im Gegensatz zu technologiebasierten Lösungen wie Bioenergie, Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (BECCS), die immer mit zerstörerischen Nebenwirkungen einhergingen, habe die Verringerung von Emissionen durch natürliche Lösungen äußerst positive Nebeneffekte, wie zum Beispiel Schutz vor Dürren und Überschwemmungen, Verringerung von Bränden, Aufblühen der Artenvielfalt und Verlangsamung der Ausbreitung von Zoonosekrankheiten. Angesichts der unvorstellbaren wirtschaftlichen Kosten des Klimawandels - ganz zu schweigen von den Kosten für die Menschen und die biologische Vielfalt - habe die Sache aber „einen Haken“, nämlich die durch die Erderhitzung zunehmende Dringlichkeit der Klimapolitik. Es könne mehr als ein Jahrzehnt dauern, bis sich der Zustand der Lebensräume verbessert und der Kohlenstoffkreislauf wiederhergestellt sei. Insofern müssten parallel und ohne Zeitverzögerung auch Wiedervernässung von Feuchtgebieten, der Schutz mariner Räume und weitere Bausteine einbezogen werden. [jg]

120+ human rights, environmental and diaspora groups call on governments to ban Russian and Belarusian wood imports

European Forest Owners’ and Managers’ considerations on the EC Proposal for a Deforestation and Forest Degradation Regulation

The Guardian: Agribusiness giants tried to thwart EU deforestation plan after Cop26 pledge

FERN: Corporate Due Diligence Proposal Could Improve Access To Justice, But Contains Fundamental Weaknesses

FERN: Opportunities abound to restore nature and support climate action

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