Mehrjähriger Finanzrahmen II: zweites Paket umfasst auch Atomenergie

Die Kommission hat am 3. September ein zweites Paket mit sieben sektorspezifischen Vorschlägen angenommen. Damit ist der Rahmen für den nächsten langfristigen EU-Haushalt für den Zeitraum 2028-2034 gesetzt – nun sind Rat und Parlament gefragt.
Der zweite Teil des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) – der erste Teil wurde Mitte Juli veröffentlicht (EU-News) – schließt die Veröffentlichung von Vorlagen der EU-Kommission ab.
Die Rechtsakte im zweiten Paket für den MFR 2028-2034 umfassen Folgendes:
- das Binnenmarkt- und Zollprogramm [Budget von 6,2 Milliarden Euro – doppelt so hoch wie im aktuellen MFR, allerdings werden Binnenmarkt und Zoll zusammengelegt];
- das Programm „Justiz“ [rund 800 Millionen Euro];
- das Euratom-Programm für Forschung und Ausbildung [9,8 Milliarden Euro, davon 6,7 Milliarden bis 2032];
- das Instrument für Zusammenarbeit im Bereich der nuklearen Sicherheit und Stilllegung kerntechnischer Anlagen [knapp 1 Milliarde];
- das Hilfsprogramm für die Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina in Litauen (Ignalina-Programm) [vorgeschlagen sind 678 Millionen Euro];
- den Übersee-Assoziationsbeschluss einschließlich Grönlands [knapp 1 Milliarde];
- das Programm „Pericles V“, das zur Fälschungssicherung der Währung dient.
Über elf Milliarden für Atomkraft und was dazu gehört
Aus Umweltsicht besonders interessant sind die Ausgaben für Atomenergie und EURATOM. Einerseits wird die Stilllegung kerntechnischer Anlagen co-finanziert, andererseits Forschung und Ausbildung im Nuklearbereich. Letzteres umfasst „von der Kernfusion bis hin zu kleinen modularen Reaktoren (SMR) eine breite Palette an Bereichen“ erklärt die EU-Kommission. Die Entwicklung der „Fusionsenergie als potenzielle künftige Quelle für die Stromerzeugung“ wird ausdrücklich unterstützt, unter anderem durch den Beitrag der EU zum International Thermonuclear Experimental Reactor ITER, die erste Fusionsanlage der Welt im Kraftwerksmaßstab. Kernfusion werde auch durch die Einstufung der Kernfusion als „Moonshot“-Projekt im vorgeschlagenen neuen Programm „Horizont Europa“ belegt.
Zum geförderten Forschungsbereich gehören auch die „Sicherheit und Sicherung aktueller und neu entstehender Nukleartechnologien, einschließlich SMR, Entsorgung radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente, Strahlenschutz und Nichtverbreitung sowie Anwendungen der Nuklearwissenschaft außerhalb der Stromerzeugung in Disziplinen wie der Medizin, in denen Nukleartechnologien eine wichtige Rolle in der Diagnostik und Therapeutika spielen“.
Die von Umweltverbänden neben ihrer Gefährlichkeit auch für ihre hohen Kosten kritisierte Atomenergie benötigt auch bei ihrer Stilllegung viel Geld. Teil des zweiten MFR-Pakets der EU-Kommission ist auch das sogenannte Ignalina-Programm. Dabei geht es darum, Litauen bei der Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina, das über zwei Reaktoren des Typs Tschernobyl verfügt, zu unterstützen. Hauptziel sei der Rückbau und die Dekontaminierung der Ausrüstung und der Reaktorschächte sowie die sichere Entsorgung radioaktiver Abfälle aus den Stilllegungstätigkeiten und Altabfälle. Die veranschlagten 678 Millionen Euro sollen „zur allgemeinen nuklearen Sicherheit der EU sowie zum Schutz und zur Resilienz kritischer Energieinfrastrukturen beitragen“. Das dies durchaus notwendig ist, zeigt ein Gutachten von Dezember 2024, das sich mit möglichen Auswirkungen von Terrorangriffen auf Zwischenlager für hochradioaktiven Abfall beschäftigt.
Derweil fordern Anti-Atom-Initiativen Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) auf, die weiterhin bestehenden Atomgeschäfte mit dem Kreml sofort zu beenden. Das Bündnis hatte anlässlich der Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum von Framatome/ANF am 7. September vor der Brennelementfabrik Framatome/ANF in Lingen demonstriert. [jg]
EU-Kommission:
Ausgestrahlt: 50 Jahre Brennelementefabrik
MFR 2021-2027: auf der Spur der grünen Investitionen
CAN Europe hat ein interaktives Toll geschaltet, mit dessen Hilfe sich analysieren lässt, in welche umweltpolitischen Bereiche wie viele Gelder im noch laufenden MFR (2021-2027) fließen.