Umsetzung von EU-Recht: Auch Deutschland erntet Kritik

Die EU-Kommission hat zum dritten Mal die Umsetzung von Umweltrecht in der EU überprüft. Sie hofft auf eine „Trendwende durch Einhaltung der Umweltvorschriften“ und fordert, die gemeinsamen Beschlüsse der EU vor Ort besser umzusetzen.
Zwischen Theorie und Praxis im Umweltrecht scheinen nach wie vor erhebliche Lücken zu klaffen. Das ist ein Ergebnis der Überprüfung der EU-Kommission, die die Umsetzung des Umweltrechts (EIR) in 27 Mitgliedstaaten unter die Lupe genommen und die Ergebnisse in der letzten Woche veröffentlicht hat. In den überprüften Bereichen Kreislaufwirtschaft und Abfallmanagement, biologische Vielfalt und Naturkapital, Nullverschmutzung (insbesondere Luftqualität, Industrieemissionen, Verhütung schwerer Industrieunfälle, Lärm, Wasserqualität und -bewirtschaftung), Chemikalien und Klimamaßnahmen sieht der zuständige EU-Kommissar Virginijus Sinkevičius einen „Aufruf zum Handeln“. Zwar gebe es seit der letzten Kontrolle auch Fortschritte, in anderen Bereichen habe sich die „Umsetzungslücke“ aber vergrößert.
Die biologische Vielfalt schwinde, zu den besonders gefährdeten Lebensräumen in der EU zählten naturnahes Grünland, Moore, Sümpfe und Flachmoore. Auch Wälder stünden unter enormem Druck. Die Erreichung eines guten Zustands der Wasserkörper gehe nur langsam voran, unzureichende Planung und Infrastrukturen beim Abwasser, beim Trinkwasser oder der Umsetzung der Nitratrichtlinie gäben Anlass zur Sorge. Im Abfallbereich brauche es weitere Maßnahmen, um die Recyclingfähigkeit von Kunststoffen, Baustoffen und Textilien zu verbessern. Abfallvermeidung bleibe für alle Mitgliedstaaten eine Herausforderung und in einigen Ländern seien immer noch Deponien in Betrieb, die nicht den Vorschriften entsprechen. Strenge Maßnahmen fehlten für eine bessere Luftqualität und die Erreichung der EU-Klimaziele.
Deutschland: Schlechte Noten für Grundwasserschutz, Naturschutzmanagement und umweltschädliche Subventionen
Der deutsche Länderbericht zeigt, dass es zum Beispiel beim Gewässerschutz noch erhebliche Probleme gibt: „Die Wasserverschmutzung durch Nitrate bleibt weiterhin sehr besorgniserregend“, schreibt die Brüsseler Behörde in ihrer 53-seitigen Analyse. Außerdem seien nur 8,1 Prozent der Oberflächengewässer in einem guten ökologischen Zustand. Ziele für 2021 seien verfehlt worden und könnten sogar bis 2027 verfehlt werden. Nachbesserungsbedarf bestehe auch bei der Umsetzung der EU-Naturschutzgesetze. So sei zwar die Ausweisung von Schutzgebieten nahezu vollständig, allerdings hapere es an den gesetzten Zielen und Maßnahmen für besondere Erhaltungsgebiete. Auch im Umwelt(steuer)recht gab es Abzüge: „Die Verlagerung der Besteuerung von Arbeit auf Umweltbelastung und der Abbau umweltschädlicher Subventionen bleiben eine Herausforderung – relativ zum BIP zählt Deutschland zu den Mitgliedstaaten mit dem niedrigsten Umweltsteueraufkommen in der EU.“
Forstschritte gab es aus Sicht der EU-Kommission bei der Luftqualität – immerhin wurden 2020 keine Grenzwerte für Feinstaub mit Partikelgröße 10 Mikrometer mehr überschritten und auch die Überschreitungen bei Stickstoffdioxid (NO2) sind gesunken –, beim Abfallmanagement und im Klimaschutz durch die Verschärfung der Klimaziele 2021. [jg]
Überprüfung der Umsetzung der Umweltpolitik 2022 Trendwende durch Einhaltung der Umweltvorschriften: COM/2022/438 final und die 27 Länderberichte