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Bodenschutz: Umweltausschuss stimmt für EU-Rechtsrahmen
EU-News | 16.04.2021
#Landwirtschaft und Gentechnik #Bodenschutz #Biodiversität und Naturschutz

Bodenschutz: Umweltausschuss stimmt für EU-Rechtsrahmen

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c. pixabay

In seiner Sitzung am 16. April hat der Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit im EU-Parlament (ENVI) mit großer Mehrheit für einen EU-weiten Rechtsrahmen für Bodenschutz sowie nachhaltige Nutzung der Böden gestimmt. Dieser soll sich mit verschiedenen, die Böden bedrohenden Faktoren befassen und Sanierungsmaßnahmen fördern, forderte der ENVI mit 73 Ja- zu sieben Nein-Stimmen (keine Enthaltungen).

"Ein multifunktionales und lebendiges Ökosystem von entscheidender Bedeutung"

Im Gegensatz zu Wasser und Luft gebe es derzeit keinen kohärenten und integrierten EU-Rechtsrahmen für den Schutz des europäischen Bodens. Maßnahmen zum Bodenschutz seien auf viele politische Instrumente verteilt, denen es an Koordination mangele und die oft nicht verbindlich seien, so die Abgeordneten. Darüber hinaus sollte dem Boden insbesondere in den Bereichen Land- und Forstwirtschaft, Wasser- und Abfallwirtschaft, Industrieemissionen und internationale Handelsabkommen besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Ohne gesunde Böden könnten die Ziele des Europäischen Green Deals - wie Klimaneutralität, Wiederherstellung der biologischen Vielfalt, Null-Verschmutzungs-Ambition für eine giftfreie Umwelt, gesunde und nachhaltige Lebensmittelsysteme und eine widerstandsfähige Umwelt - kaum erreicht werden. Das Umweltmedium Boden sei "ein multifunktionales und lebendiges Ökosystem von entscheidender Bedeutung", das ein Viertel der weltweiten biologischen Vielfalt beherberge und wichtige Ökosystemleistungen wie Nahrung, Rohstoffe, Kohlenstoffbindung und -speicherung, Wasserreinigung, Nährstoffregulierung und Schädlingsbekämpfung erbringe. Er diene auch als Basis für menschliche Aktivitäten und helfe zudem, Überschwemmungen und Dürren zu verhindern.

Die Abgeordneten forderten die EU-Kommission darüber hinaus auf, gegen Bodenversiegelung vorzugehen, um das Ziel "keine Bodendegradation" bis 2030 und "kein Nettoflächenverbrauch" bis spätestens 2050 zu erreichen. Kommission und Mitgliedstaaten sollen sich außerdem für eine Reduzierung des übermäßigen Einsatzes von synthetischen Düngemitteln, insbesondere Stickstoff, einsetzen. Auch bodenspezifische Forschung, Innovation und Finanzierung, die die multifunktionelle Rolle des Bodens angemessen berücksichtigen, müssten ausgeweitet werden. Insofern begrüßte der ENVI den Start der "Horizon Europe"-Mission für "Bodengesundheit und Ernährung".

Voraussichtlich in der Plenarsitzung Ende April soll die Resolution von allen Parlamentarier*innen angenommen werden. Der ENVI sieht die Entschließung als "politische Botschaft" vor der Verabschiedung des Aktionsplans zur Bekämpfung der Umweltverschmutzung in den Bereichen Wasser, Luft und Boden sowie der neuen EU-Bodenschutzstrategie, für die derzeit noch eine öffentliche Konsultation läuft [siehe Randspalte]. In der gleichen Sitzung sollen außerdem zwei bodenschutzbezogene mündliche Fragen des ENVI behandelt werden, eine an den Rat und eine an die Kommission.

Die EU-Kommission hatte im Februar eine Bewertung über den Einfluss der Gemeinsamen Agrarpolitik auf nachhaltige Bodenbewirtschaftung veröffentlicht. Fazit: Die Verbesserung der Bodenqualität hatte bisher nicht die Priorität, die das Umweltmedium Boden bräuchte. [EU-News 10.02.2021]

People4Soil: "Der Boden ist die Basis"

Am 13. April hatte der Petitionsausschuss im EU-Parlament (PETI) schon über die Anliegen der an sich bereits abgeschlossenen Europäischen Bürgerinitiative (EBI) People4Soil positiv beschieden. Mitinitiator Cosimo Damiano Di Simine von der italienischen Umweltorganisation Legambiente betonte, dass mehr als 150 Organisationen und wissenschaftliche Institutionen sowie 26 Teilnehmerstaaten People4Soil seit 2016 unterstützt hätten. Vier Jahre später seien die Anliegen noch dringlicher geworden - das hätten auch der Europäische Rechnungshof und die Europäische Umweltagentur in entsprechenden Veröffentlichungen bestätigt. "Der Boden ist die Basis für die Landwirtschaft, für die Forstwirtschaft, die Lebensmittelsicherheit, schafft aber auch noch viele andere Dienstleistungen, ohne die der Mensch nicht leben kann", so Damiano. "Wir brauchen aufgrund der ökologischen Bedeutung eine über nationale Grenzen gehende Anstrengung zum Bodenschutz." Angesichts der sich verschlechternden Qualität der Böden könne das Subsidiaritätsprinzip aus Sicht der EBI People4Soil kein Gegenargument gegen eine verbindliche EU-Richtlinie zum Bodenschutz sein.

Der PETI unterstützte die Ziele der EBI, wird die entsprechende Bearbeitung allerdings an die EU-Kommission und den ENVI-Ausschuss weitergeben.

Bodenschutz als EU-Dauerzankapfel

Die EU-Kommission hatte bereits ab 2006 einen EU-weiten Rahmen gefordert, musste ihren Vorschlag für eine Bodenschutzrahmenrichtlinie aber 2014 zurückziehen, weil unter anderem Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Österreich und Finnland den Vorstoß jahrelang blockiert hatten (EU-News 15.03.2010, 06.12.2012, 22.05.2014, DNR-Steckbrief zum Europäischen Bodenschutz vom 14.09.2016). Übrig blieben einige eher vage Vorschläge zum Schutz der Böden im 7. Umweltaktionsprogramm. Dabei zeigen die Studien und Bewertungen zur Bodenqualität und zum Zustand der Böden einen dramatischen Abwärtstrend (EU-News 22.10.2015, 23.05.2018, 26.09.2018, 19.12.2018, 06.08.2020, 07.12.2020). [jg]

ENVI-Pressemitteilung MEPs call for better protection of soil to reach green targets https://www.europarl.europa.eu/news/en/press-room/20210412IPR01806/meps-call-for-better-protection-of-soil-to-reach-green-targets

Vorstellung EBI People4Soil, Videomitschnitt PETI-Ausschuss 13.04.2021, 9.00-12.00 Uhr (ab ca. 09:08 Uhr bis 09:37:46 Uhr)

Laufende Konsultation der EU-Kommission

Bis zum Dienstag, 27. April läuft die öffentliche Konsultation zu gesunden Böden beziehungsweise der EU-Bodenstrategie. Gesunde Böden – eine neue Bodenstrategie der EU

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